Podium zum Jubiläum

Anlässlich des zehnjährigen Bestehens der Förderstiftung für Bildung und Beruf lud die BruderhausDiakonie Stifter und Stifterinnen, Förderer und Kooperationspartner am Donnerstag, den 12. Juli, zu einem Podiumsgespräch. Die Stiftung fördert Angebote, die Jugendlichen mit Unterstützungsbedarf den Einstieg in eine Ausbildung ermöglichen. Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Arbeitsagentur erörterten mit zwei Auszubildenden des Ausbildungsverbunds der BruderhausDiakonie die Frage: „Was brauchen Jugendliche, die besondere Herausforderungen mitbringen, um im Zeitalter der Digitalisierung einen Beruf erlernen zu können?“

Viele Ausbildungsplätze werden unbesetzt bleiben

Christian-Otto Erbe, Präsident der IHK Reutlingen, machte deutlich, wie wichtig es für Wirtschaft und Gesellschaft ist, Jugendliche zu einer Berufsausbildung zu befähigen und zu motivieren: „Bis 2030 werden 18.000 Fachkräfte fehlen, die keine akademische Bildung besitzen. Der Fachkräftemangel wird zur Wachstumsbremse. Umso wichtiger ist es, auch diejenigen zu fördern, die als nicht ausbildungsfähig gelten." Der Leiter der Arbeitsagentur Reutlingen, Wilhelm Schreyeck, bestätigte dies: „Wir müssen alles daransetzen, dass auch Jugendliche den Weg in eine Ausbildung finden, denen die Voraussetzungen dafür fehlen, oder die kein Interesse daran haben.“

Kein junger Mensch darf verloren gehen

Die Arbeitsagentur richtet deshalb ihr Förderangebot am individuellen Bedarf aus. „Vielfältige Programme eröffnen Perspektiven. Die außerbetriebliche Ausbildung ist eines der Programme.“, erklärte Schreyeck. Eine außerbetriebliche  Ausbildung zum Metallfeinbearbeiter absolvieren Can Kaya und Lorenz Kraft im Ausbildungsverbund der BruderhausDiakonie. Die heutigen Auszubildenden holten zunächst in der Wilhelm-Maybach-Schule der BruderhausDiakonie den Hauptschulabschluss nach, bevor sie sich nach verschiedenen Praktika für eine Ausbildung im Metallbereich entschieden. „Es läuft gut. Wir sind im zweiten Lehrjahr und dürfen schon an CNC-Maschinen arbeiten.“ erläuterte Kraft.

Das kleine Plus macht den Unterschied

Der Ausbildungsverbund der BruderhausDiakonie fördert knapp 450 Jugendliche beim Einstieg in den Beruf – mit überbetrieblichen Ausbildungen, Verbundausbildung, assistierter Ausbildung und Berufsvorbereitungsprogrammen. Thomas Wied, Fachbereichsleiter für Ausbildung und soziale Integration, ist stolz, „dass 90 Prozent unserer Azubis eine Stelle haben, wenn sie fertig sind.“ Dazu trägt die Förderstiftung für Bildung und Beruf bei. Sie finanziert zusätzliche individuelle Förderung und hat in zehn Jahren fast eine Dreiviertelmillion Euro in die Jugendberufshilfe investiert. „Mit der Stiftung können wir zum Beispiel Deutschunterricht an der Werkbank oder Robotikkurse in der Metallausbildung anbieten“, erläuterte Wied. Was sich dahinter verbirgt, erklärte Kraft den Podiumsteilnehmern und Gästen: „Wir programmieren selbstfahrende Fahrzeuge, erstellen die Schaltpläne und hantieren mit Elektronik.“

Blick ins digitale Zeitalter

Dass die Jugendberufshilfe im Zeitalter der Digitalisierung flexibel bleiben muss, machte IHK-Präsident Erbe deutlich: „Wir wissen alle nicht, was die Digitalisierung genau bringt. In bestimmten Bereichen, vor allem in der Produktion, werden Arbeitsplätze entfallen. Der internationale Wettbewerb wird härter. Doch die Digitalisierung ist auch eine gigantische Chance. Wichtig ist es, die Trends früh zu erkennen und zu reagieren, auch in der Ausbildung.“

Haltung des Vertrauens

Thomas Poreski, Landtagsabgeordneter, und Pfarrer Lothar Bauer, Vorstandsvorsitzender der Förderstiftung für Bildung und Beruf, betonten, wie wichtig es sei, die einzelnen Jugendlichen im Blick zu behalten und darauf zu vertrauen, dass diese „es schaffen, mit einer Berufsausbildung ihren Weg ins Leben zu gehen.“ Dr. Carl-Heiner Schmid hob auf die Motivation der Jugendlichen ab und forderte Maßnahmen, die begeistern: „Fans macht man nur aus Willigen.“

Respekt, Höflichkeit und Ehrlichkeit

Prälat in Ruhe Claus Maier stellte zum Schluss die Schlüsselfrage: Wie können wir das Zusammenleben in unserer Gesellschaft stärken? „Stolz sein auf unsere Kultur“, „sich in einer offenen Gesellschaft zuhause fühlen“, „nicht vorher wissen, was für alle richtig ist“, „bereit sein zum Dialog“ – das waren die Tipps der Podiumsteilnehmer. Im Ausbildungsgang von Lorenz Kraft und Can Kaya funktioniert das Zusammenleben von vier verschiedenen Konfessionen und Religionen gut. Kraft erhielt Applaus, als er erklärte, wie man das schafft: „Mit Respekt, Höflichkeit und Ehrlichkeit. Schließlich waren viele von uns auch mal Flüchtlinge. Meine Eltern stammen aus Schlesien. Das sollten wir nicht vergessen.“