Was tun, wenn das Kindergartenkind wenig oder gar nicht spricht? Oder keinen Kontakt zu anderen Jungen und Mädchen aufnimmt, immer nur für sich spielt? Und wer unterstützt Familien, wenn die neugeborene Tochter oder der neugeborene Sohn eine Behinderung hat oder sich eine solche abzeichnet? Im Landkreis Göppingen können sich Eltern mit solchen Fragen an die Interdisziplinäre Frühförderstelle (IFF) in Eislingen wenden. Die BruderhausDiakonie betreibt den Dienst im Auftrag des Landkreises Göppingen. Im Januar 2021 hat die Einrichtung ihre Arbeit aufgenommen, zuvor war die Lebenshilfe Göppingen der Träger. Bis zu fünf Neuanfragen wöchentlich nehmen IFF-Leiterin Sarah Bieschke und ihre neun Mitarbeiterinnen entgegen. Bislang habe man rund 170 Familien betreut, berichtet die 30-jährige Heilpädagogin.

Für Familien sind die Leistungen gratis

Die IFF, ein Angebot unter dem Dach der Jugendhilfen Deggingen der BruderhausDiakonie, ist zentral in einem Gebäude am Schlossplatz in Eislingen untergebracht. Die Mitarbeiterinnen aus den Fachbereichen Heilpädagogik, Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie unterstützen Kinder von der Geburt bis zur Einschulung. Für Familien sind die Leistungen gratis, die Kosten übernehmen der Landkreis Göppingen und die Krankenkassen. „Bei uns kann jeder anrufen, fürs Erstgespräch und die Anmeldung bedarf es keiner Überweisung“, sagt Sarah Bieschke.

Ein breites Spektrum an Angeboten

Die Fachkräfte fördern mit Übungs-, Spiel- und Therapiematerialien die Entwicklung der Kinder. Das Spektrum der Fälle ist weit gefasst. Es reicht von Jungen und Mädchen mit leichten sozial-emotionalen Auffälligkeiten bis zu Kindern mit schwerstmehrfacher Behinderung. Suchen Eltern den Kontakt zur IFF, findet zunächst ein Beratungsgespräch statt. Daran schließt sich in der Regel die sogenannte Interdisziplinäre Eingangsdiagnostik an, die der Kinderarzt verordnen muss, damit die Krankenkassen die Kosten übernehmen. Ergibt sich ein Förderbedarf, stellt die IFF gemeinsam mit Eltern und Kinderärzten einen Förder- und Behandlungsplan auf. Dieser ist in der Regel auf ein Jahr angelegt. Die Kinder kommen maximal zweimal wöchentlich in die IFF, wo sie in 45-minütigen Therapieeinheiten betreut werden. Bei Bedarf findet die Frühförderung auch bei den Familien zu Hause statt.

Für Entwicklungsrisiken sensibilisieren

Die Frühförderstelle bündelt verschiedene therapeutische Angebote zur Entwicklungsförderung. „Wir haben von der Heilpädagogik über Ergotherapie und Logopädie bis zur Physiotherapie alles, was die Kinder brauchen, unter einem Dach“, betont Sarah Bieschke. „Die verschiedenen Disziplinen greifen wie die Räder eines Uhrwerks ineinander.“ So wie im Fall eines Jungen, der mit einer Hirnschädigung geboren wurde. Zweimal pro Woche besucht eine Physiotherapeutin die Familie. Parallel dazu unterstützt eine Heilpädagogin die Familie mit Tipps und Spielanregungen, um die allgemeine Entwicklung des Kindes zu fördern.

Die Absprache mit den Eltern ist essenziell

„Wir fragen: Was ist jetzt gerade beim Kind am wichtigsten?“, sagt Bieschke. Immer wieder komme es vor, dass Eltern gar kein Entwicklungsrisiko für ihr Kind erkennen. Dann hätten sie und ihr Team die Aufgabe, die Väter und Mütter dafür zu sensibilisieren und offen zu sein für die Skepsis und die andere Sichtweise der Eltern auf ihre Kinder. Weil die IFF nur in Abstimmung mit den Eltern tätig werde und die therapeutischen Angebote bündele, könnten sie und ihre Mitarbeiterinnen einer möglichen Überforderung des Kindes und seiner Familie in der Regel gut vorbeugen und die Kinder nachhaltig in ihrer individuellen Entwicklung begleiten, sagt Sarah Bieschke.

Autorin: Ulla Hanselmann