Elke Felsinger* ist bereits um fünf Uhr morgens aufgestanden und wie jeden Tag mit dem Zug zur Arbeit nach Stuttgart gefahren. Die 500 Meter bis zum Bahnhof sind für sie längst Routine. Wie ihre Mitbewohnerin Tanja Mühleisen* lebt sie in der WohnPflege der BruderhausDiakonie in Bondorf im Kreis Böblingen. Die WohnPflege ist eine Wohngemeinschaft für bis zu sechs Menschen mit psychischer Erkrankung und erhöhtem körperlichem Pflegebedarf – mit dem Ziel, deren Selbstständigkeit, Eigenverantwortung und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu fördern. Versorgt werden die Bewohnerinnen und Bewohner über den ambulanten Dienst BD mobil, vom Fachpflegeheim Nagold aus. Eingliederungshilfe und Pflegeversicherung finanzieren die Leistungen.

Künftig mehr Vollzeitstellen für Pflegefachkräfte

Weil der Bedarf an ambulanter Pflege seit Jahren steigt, hat die BruderhausDiakonie aus ihren Diakonie- und Sozialstationen den Dienst BD mobil entwickelt. Neben Seniorinnen und Senioren versorgen die derzeit 56 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch Menschen mit Behinderung und psychischer Erkrankung in privaten Häusern, Wohnungen und Pflege-Wohngemeinschaften. „Die Menschen wollen möglichst lange in ihren eigenen vier Wänden bleiben“, weiß Stefan Adamek, Leiter von BD mobil. Menschen mit Behinderung oder psychischer Erkrankung benötigten oft mehr Zeit. Dafür seien viele klassische Pflegedienste zu eng getaktet. BD mobil ist vor allem in den Landkreisen Reutlingen, Stuttgart und Freudenstadt aktiv. Das für den weiteren Ausbau des Dienstes notwendige Personal wird intern gewonnen oder neu eingestellt. Mit einer Kombination von Tagespflege und ambulantem Dienst sind laut Adamek künftig mehr Vollzeitstellen möglich. Das mache den Dienst attraktiver für Fachkräfte, die eine volle Stelle suchen.

Unterstützung bei alltäglichen Herausforderungen

„Die Arbeit in der ambulanten Pflege ist anspruchsvoll“, weiß Silke Richter, Wohnbereichsleiterin im Nagolder Fachpflegeheim und für das ambulant betreute Wohnen in der Bondorfer WohnPflege zuständig. In einem separaten Dienstplan sind derzeit drei Fachpflegekräfte, drei Hilfskräfte und eine Freiwilligendienstleistende für die Pflege-Wohngemeinschaft eingeteilt. Sie unterstützen beim Einkauf oder bei der Essenszubereitung, bei der Zimmer- und Wäschepflege oder bei der täglichen Hygiene. Auch der Bedarf an Gesprächen sei hoch, so Silke Richter, vor allem abends. Die WohnPflege befindet sich in einem neu errichteten, barrierefreien Haus. Jede der zwei Etagen hat drei Zimmer mit Kochnische. Gemeinschaftsräume, zwei große Bäder, Terrasse und Garten werden geteilt.  „Es war eine gute Entscheidung, hier einzuziehen“, sagt Elke Felsinger. „Ich fühle mich pudelwohl.“ Das moderne Zimmer mit eigenem Bad gefällt ihr, und ihre in Nagold lebende Familie kann nun häufiger zu Besuch kommen.

Wunsch nach Selbstständigkeit und Weiterentwicklung

„Unsere Mitarbeiter sind mit viel Herzblut dabei“, betont Bereichsleiterin Susanna Grochulski von der BruderhausDiakonie. Obwohl noch Plätze frei sind, müsse genau geprüft werden, wer in die WohnPflege einziehen könne. Menschen, die auch nachts umfassenden Hilfebedarf haben, könnten zum Beispiel nicht aufgenommen werden, ebenso wenig Menschen mit Drogen- oder Alkoholabhängigkeit oder mit akuten Psychosen. Bewohnerin Tanja Mühleisen lebte zuvor in einer stationären Einrichtung. „Ich möchte wieder selbstständiger werden und mich weiterentwickeln“, sagt sie und fügt hinzu: „Die Mitarbeiter der BruderhausDiakonie haben mir viel Halt gegeben.“ 
* Name geändert

Text: Andreas Straub