In Münsingen-Buttenhausen auf der Schwäbischen Alb gibt es etwas, das in Deutschland bislang einzigartig ist: ein Living Museum Alb. Das Museum vereint offene Ateliers verschiedener Kunstrichtungen und Ausstellungsflächen unter einem Dach. Besucherinnen und Besucher können den Kunstschaffenden mit und ohne Handicap bei der Arbeit zuschauen und mit ihnen ins Gespräch kommen. Hinter der bunten Fassade des Hauses an der Schmiedesteige 5 in Münsingen-Buttenhausen erwartet Gäste eine ruhige, entspannte Atmosphäre und viel Platz. Der Kunst wird Raum gelassen. Neben Gemälden und Zeichnungen, auf denen Tiere, Pflanzen oder Fantasiewesen zu sehen sind, schmücken abstrakte Farb- und Formkompositionen die Wände. Ein Alpaka aus Pappmaché, das einen kunterbunten gehäkelten Pelz trägt, ist einer der Blickfänger im großen Atelier im Erdgeschoss.

Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit sich und der Kunst

Die Kunstassistentinnen Beate Hien und Sarah Boger unterstützen gemeinsam mit zwei Kolleginnen Kunstschaffende dabei,  ihre eigene Kreativität auszuleben. „Bei uns geht es um eine ernsthafte Auseinandersetzung mit sich und der Kunst“, sagt Museumsleiterin Sarah Boger, „es ist sehr schön zu sehen, wie sich unsere Künstlerinnen und Künstler entwickeln.“ Insgesamt 46 Menschen mit Beeinträchtigung lassen ihrer Fantasie hier regelmäßig freien Lauf. Für manche ist es ein tagesstrukturierendes Angebot, andere arbeiten in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung und verbringen vier Stunden ihrer wöchentlichen Arbeitszeit in den Ateliers. Im Living Museum herrscht zwar bunte Vielfalt, aber kein „kreatives Chaos“. Die Materialien liegen vorbereitet parat. Jede Künstlerin und jeder Künstler hat ihre oder seine eigene Schublade, in der sie oder er Zeichnungen und Malereien aufbewahrt.

Positive Auswirkungen auf die Gesundheit

„Wir sind zwar ausgebildete Kunsttherapeutinnen, machen hier aber keine Therapie, bei der Kunst ein Mittel ist, um therapeutische Ziele zu erreichen“, erklärt Sarah Boger, „die Kunst steht im Vordergrund.“ Und die künstlerische Arbeit habe sehr positive Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen, ergänzt Beate Hien: „Gesundheit bedeutet nicht nur keine Krankheitssymptome zu haben. Es geht um ein sinnerfülltes, aktives und selbstbestimmtes Leben.“ Dazu gehöre die Möglichkeit, sich kreativ auszudrücken. Der Prozess des künstlerischen Schaffens wirke sich auf die Menschen aus. „Manche sind zunächst aufgedreht, dann aber plötzlich ganz bei sich und sehr konzentriert“, berichtet Beate Hien. Sie bewundert an den Künstlerinnen und Künstlern, dass sie „ganz ohne Hemmung an die Kunst herangehen und viel Ausdauer zeigen“. Nur wenn sich jemand zu sehr im immer Gleichen verliert, geben die Kunstassistentinnen „vorsichtige Impulse“, doch mal etwas Neues, beispielsweise ein größeres Format, auszuprobieren. Inspiration finden die Künstler auch in den Bildbänden der kleinen Bibliothek oder bei Ausflügen in anderen Kunstmuseen.

Den Wert des Andersseins erkennen

Ein wichtiges Ziel ist, dass die Klientinnen und Klienten sich nicht länger als Menschen mit Handicap sehen, sondern ihr Anderssein positiv wahrnehmen können. Sarah Boger: „Bei unseren Ausstellungen bemerken wir, dass die Künstlerinnen und Künstler durch ihre Werke ganz anders wahrgenommen werden.“
Dauer- und Wechselausstellungen im Living Museum Alb sind zu den Öffnungszeiten für Besucherinnen und Besucher zugänglich. In Workshops können Interessierte zum Beispiel Drucktechniken oder Kalligrafie, die „Kunst des schönen Schreibens“, kennenlernen. Weitere Informationen zum Living Museum Alb finden Sie hier.

Öffnungszeiten

Montag bis Freitag

8.30 bis 11.30 Uhr und 13 bis 15.30 Uhr