Die Freunde fehlten, zeitweise waren keine Besuche mehr bei den Eltern möglich. „Fast alles war auf einmal weg“, sagt Michelle Neuhaus über das schwierige, zu Ende gehende Jahr 2020. Die 17-Jährige lebt wie ihr Bruder René (16) im Kinderheim Rodt der BruderhausDiakonie in Loßburg. Zusammen mit anderen Kindern und Jugendlichen haben sie sich kreativ mit der Corona-Krise beschäftigt und die Ergebnisse in einem Fotokalender festgehalten. Auf der November-Seite zum Beispiel steht Michelle Neuhaus mit versonnenem Blick vor einer Folienwand, die Menschen dahinter sind undeutlich zu erkennen. Sie wirken entfernt, obwohl sie nah sind. Als "Model" abgebildet zu sein, sei etwas Besonderes, findet Michelle: „Kommt gut rüber.“ Ihr Bruder René hatte die Idee, das Virus symbolisch abzuschießen. „Es ist nervig“, sagt er und zeigt stolz sein Bild für den Monat April.

Jubiläumskalender ist etwas ganz Besonderes geworden

Es ist eine ungewöhnliche Ausgabe des beliebten Fotokalenders, der in seinem zehnten Jahr in einer Auflage von 1.400 Stück verteilt und verkauft wird. In vielen Büros und Wohnungen erinnert er das ganze Jahr über an die Arbeit, die im Jugendhilfeverbund Kinderheim Rodt und in der Ludwig-Haap-Schule geleistet wird. Die Schutzgebühr von fünf Euro kommt der Jugendhilfe zugute. „Der Jubiläumskalender sollte etwas ganz Besonderes werden. Und das wurde er auch“, sagt Edwin Benner, Fachbereichsleiter Jugendhilfe. Ähnlich wie beim ersten Kalender, der das Leben in den Wohngruppen und der Schule darstellte, sind die meisten Bilder auf dem Gelände der BruderhausDiakonie aufgenommen worden – weil Ausflüge in diesem Jahr kaum möglich waren.

Viele positive Rückmeldungen motivieren zum Weitermachen

Layout und Kalendarium hat Elke Andres erstellt, die Fotos stammen von Dennie Max Pfau aus Loßburg. „Er hat sich ein ganzes Wochenende Zeit genommen und ist auf die Ideen und Wünsche der Kinder eingegangen“, berichtet Projektleiter und Erlebnispädagoge Bernd Heinzelmann, der die Kinder und Jugendlichen mit Begeisterung und Engagement unterstützt. „Am Ende steht immer ein tolles Produkt." Und viele positive Rückmeldungen, die zum Weitermachen motivierten, so Heinzelmann.

Neben geplanten Bildern gibt es spontane Schnappschüsse

In einem Vorbereitungsworkshop ging es um Fragen wie: „Was macht Mut und was ist wichtig geworden in Corona-Zeiten?“ Aber auch: „Was macht Angst und was fehlt?“ Während des Fotoshootings entstanden auf diese Weise neben geplanten Bildern auch spontane Schnappschüsse. Amüsant sind die letzten beiden Seiten des Kalenders. Ähnlich wie bei einem Suchspiel sind Kinder, Jugendliche und Betreuungskräfte mit und ohne Maske porträtiert. "Das war echt lustig“, sagt die zehnjährige Chantal Gerspacher. Wie viele Jüngere sieht sie die Situation gelassen. Das Juni-Bild des Kalenders zeigt sie mit Freundinnen beim Picknick auf dem Heimgelände. Den Satz dazu hat sie selbst formuliert: „Dann machen wir es uns halt gemütlich.“ 

Das Foto zeigt von links nach rechts Projektleiter Bernd Heinzelmann, René Neuhaus, Michelle Neuhaus, Chantal Gerspacher und Edwin Benner, Fachbereichsleiter Jugendhilfe, bei der Präsentation des neuen Kalenders. Text und Bild: Andreas Straub