Vielfältige Möglichkeiten

Die Tür zum Haus öffnet sich per Fingerabdruck. Im Boden verlegte Lichtbänder leiten die Bewohnerinnen und Bewohner nachts vom Bett zum Badezimmer. Arbeitsflächen, Schränke und sogar das Hochbeet im Garten können mit dem Rollstuhl unterfahren werden. Der Herd ist höhenverstellbar, das Bad barrierefrei und mit einem Lifter ausgestattet. Das ist keine Zukunftsmusik, sondern bereits Realität im LebensPhasenHaus in Tübingen. Ein idealer Ort also für fünfzehn Mitarbeiterinnen der BruderhausDiakonie, sich zu technischen Unterstützungssystemen in der ambulanten Pflege weiterzuqualifizieren – in der Musterwohnung sind die Systeme im wahrsten Wortsinne begreiflich. „Die Technik bietet heute vielfältige Möglichkeiten, die allen Beteiligten nutzen“, sagt Seminarleiterin Katja Michael. Die Referentin im Geschäftsfeld Altenhilfe der BruderhausDiakonie erklärt: „Wir beschäftigen uns intensiv damit und bemühen uns um die optimale Anwendung.“

Technik kann Sicherheit schaffen

Die BruderhausDiakonie ist deshalb am Forschungsprojekt „Living Lab AAL“ beteiligt. Dabei kooperiert sie mit einem Dutzend Hochschulen und Praxispartnern. Professor Christophe Kunze, Institutsleiter der Hochschule Furtwangen, stellte in Tübingen vorwiegend Anwendungen aus der ambulanten Pflege vor – Technik, die sich im eigenen Zuhause verbauen lässt, sowie kleine Geräte zum Mitnehmen: Für Demenzkranke gibt es beispielsweise neuerdings einen GPS-Tracker, der mit einer SIM-Karte ausgestattet und mit nur einem Knopfdruck einen Notruf auslösen kann. Im eigenen Haus lassen sich Geräte über die pure Anwesenheit steuern. Gibt es etwa über dem Kochfeld keine Bewegung, wird der Herd automatisch abgeschaltet. So lassen sich Brände vermeiden. Praktisch bei Hörproblemen und leicht zu installieren ist eine Türklingel, die ein Lichtsignal aussendet. „Ziel der Techniknutzung ist Teilhabe und ein selbstbestimmtes Leben auch im Alter“, betonte Kunze. Denn die meisten Menschen möchten in ihrer gewohnten Wohnumgebung bleiben.

Technische Hilfen bei Demenz

Auf Wunsch der Kursteilnehmerinnen ging der Professor ausführlich auf Hilfen bei Demenz ein. Bei einer leichten Form von Demenz, so Kunze, ließen sich Erinnerungs- und Orientierungshilfen gut einsetzen: Sprechende Uhren etwa nennen auf Knopfdruck die Zeit, vereinfachte Uhren zeigen nur Vormittag, Nachmittag, Abend oder Nacht an. Der Experte empfiehlt zudem, grundsätzlich mit kräftigen Farben, Symbolen und starken Kontrasten zu arbeiten – und mit Licht. „Die meisten älteren Wohnungen brauchen generell mehr Licht“, weiß Kunze. Da können Lampen helfen, die Tageslicht simulieren und „gesundes Licht“ erzeugen.

Neues kennengelernt

„Das Seminar ist sehr informativ“, meinte eine Mitarbeiterin des Gustav-Werner-Stifts Ravensburg. Das in Tübingen vorgestellte Hausnotrufsystem etwa habe sie noch nicht gekannt. Es lässt sich einerseits durch das Drücken eines Knopfs bedienen, der beispielsweise an einer Halskette angebracht ist. Andererseits sind im Haus Sensoren verbaut, die Unregelmäßigkeiten registrieren und dann automatisch Hilfe holen. „Ich kenne viele einzelne Unterstützungstechniken – im Seminar ist mir das Gesamtkonzept klar geworden“, sagte eine Mitarbeiterin des Gustav-Werner-Stifts Friedrichshafen. Für sie sei außerdem der Austausch mit Kolleginnen bereichernd gewesen. Ihr Fazit: „Viele gute Ideen aus Theorie und Praxis.“

Foto: Andreas Straub