Flucht und Heimat

An drei ausverkauften Abenden am 19., 20. und 22. Juli besuchten knapp 400 Zuschauerinnen und Zuschauer den Theaterspaziergang auf dem Gelände des Jugendhilfeverbunds Kinderheim Rodt der BruderhausDiakonie in Loßburg. Unter der Leitung von Regisseur Paul Siemt und dem Instrumentalpädagogen Bernhard Rißmann hatte sich das Ensemble im Vorfeld mit den Themen Heimat, Flucht und Ankommen auseinandergesetzt. Auf der Grundlage gemeinsamer Ideen und Improvisationen gelang dem Regisseur eine spannende Collage aus szenischen Bildern. Die Musik fungierte als ein verbindendes Element, das die Szenen untermalte und atmosphärisch verdichtete.

Wertvolle Erfahrungen gesammelt

Viele der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Theaterprojekts sind unbegleitete minderjährige Geflüchtete aus Syrien, Gambia, Afghanistan, Albanien und Eritrea, die von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kinderheims Rodt betreut werden. „Es hat mir so viel Spaß gemacht“, sagt Milad Hassan. Der junge Mann aus Kabul spricht damit allen Mitwirkenden aus der Seele. Die gemeinsame intensive künstlerische Auseinandersetzung mit den, größtenteils sehr persönlichen Themen Heimat, Flucht und Ankommen hat nicht nur das Publikum bewegt. Alle Beteiligten erlebten die neue Herausforderung als wertvolle Erfahrung.

Lebendige Inszenierung

Die Inszenierung bezog die Besucherinnen und Besucher mit ein. Dadurch entstand ein anregender, fast kabarettistischer Spaziergang über gängige Vorurteile, Misstrauen und Ängste. Ein Beispiel: Der Besucherstrom, der am aufgebauten Wohnzimmer vorbeizog, wurde zum Flüchtlingsstrom, begleitet vom schrillen Ausruf einer Schauspielerin, die panisch feststellte: „Da kommen immer mehr.“ Ihr Mann murmelte derweil gebetsmühlenartig: „Älle abschiebe.“

Aufarbeitung von Fluchterlebnissen

„Manchmal ist es schon erstaunlich, wie sich völlig unerwartet Gutes zusammenfügt“, kommentierte Edwin Benner, Fachbereichsleiter Jugendhilfe der BruderhausDiakonie, die Entstehungsgeschichte des Projekts. „Mit Erika Sauter-Bartholomä haben wir eine neue Mitarbeiterin bekommen, die von einem Theaterprojekt geträumt hatte und es verwirklichte.“ Dass dann mit Paul Siemt und Bernhard Rißmann erfahrene Profis gewonnen werden konnten, sei eine glückliche Fügung gewesen. „Die Aufarbeitung der vielen schrecklichen Fluchterlebnisse, der Verlust der Familie und die Ungewissheit, je wieder zurück in die Heimat kommen zu können war für viele unserer geflüchteten Jugendlichen schwer. Mit dem Theaterprojekt sind sie teilweise über sich selbst hinausgewachsen“, betonte Benner.

Das Projekt ist eine Veranstaltung des Jugendhilfeverbunds Kinderheim Rodt der BruderhausDiakonie in Kooperation mit der Bundesakademie für musikalische Bildung Trossingen, gefördert von der Robert Bosch Stiftung und der Aktion Mensch.

Bildergalerie

Theaterspaziergang mit Musik in Loßburg.
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Diskussionen im Wohnzimmer - "Da kommen immer mehr".
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Theaterprojekt Habibi ... oder was?
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Inszenierung zu den Themen Flucht und Heimat.
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Das Ensemble von Habibi ... oder was?
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