Verlässliche Grundlage für Entscheidungen

Ein betagter Mann liegt im Sterben. Er spricht kaum noch, verweigert Essen und Trinken. Die Pflegerin befeuchtet seinen Mund mit einem Wattestäbchen. Der Mann schmeckt das Bier auf seinen Lippen und sagt: „Das ist gut.“ So hat er es sich gewünscht. Am Ende des Lebens den richtigen Weg zu finden, ist nicht einfach. In den Reutlinger Altenhilfeeinrichtungen der BruderhausDiakonie soll dabei die gesundheitliche Versorgungsplanung helfen: Besonders geschulte Pflegekräfte sprechen frühzeitig und systematisch mit Bewohnerinnen und Bewohnern und dokumentieren deren Vorstellungen über ihr Lebensende. Denn Betreuer, Ärzte, Angehörige und Bevollmächtigte sollen eine sichere und verlässliche Grundlage für ihre Entscheidungen bekommen.

Die meisten sehnen sich nach Nähe und Wärme

Mitarbeiterinnen der BruderhausDiakonie haben sich dafür im sogenannten Advanced Care Planning (gesundheitliche Versorgungsplanung) weitergebildet. „Die Kostenträger erkennen gesundheitliche Versorgungsplanung seit vergangenem Jahr als Leistung an und refinanzieren sie anteilig“, berichtet Altenhilfe-Regionalleiter Marc Böhringer. „Wie sich Menschen ihre letzte Lebensphase vorstellen, ist ganz individuell“, weiß Beate Grimm, Pflegedienstleiterin im Seniorenzentrum Betzingen der BruderhausDiakonie und Absolventin der Weiterbildung. Die meisten Menschen sehnten sich in der letzten Lebensphase nach menschlicher Nähe, Vertrauen und Wärme. Um ein ACP-Gespräch vorzubereiten, lädt Beate Grimm schriftlich ein: „Unser Anliegen ist, dass Sie künftig so behandelt werden, wie Sie das wollen – auch wenn Sie sich einmal nicht mehr selbst äußern können“, heißt es im Anschreiben. Pflegebedürftige sollen über ihre letzte Lebensphase selbst bestimmen, ist dabei die Leitlinie.

Patientenverfügung gemeinsam aktualisieren

Svetlana Kunkel, Pflegefachkraft im Seniorenzentrum Gustav-Werner-Stift in Walddorfhäslach, hat ebenfalls die ACP-Ausbildung absolviert. „Ich will Menschen begleiten, damit es ihnen am Ende gut geht“, begründet sie ihre Motivation. In einer Patientenverfügung werde der letzte Wille festgehalten. „Oft ist schon eine Verfügung vorhanden, und wir aktualisieren sie gemeinsam“, erklärt Kunkel. Die vertraulichen Gespräche münden in einen zweiseitigen Notfallplan für die Pflege. Darin ist festgehalten, welche Verfügungen und Vollmachten vorliegen, mögliche Komplikationen und die Behandlungswünsche sowie die vom Hausarzt verordneten Maßnahmen sind aufgelistet. Fragen etwa nach Reanimation oder Magensonde werden wie in der Patientenverfügung gewünscht mit Ja oder Nein beantwortet.  

Der Verstorbenen wird würdig gedacht

Um einen guten Lebensabschluss zu gestalten, versteht die BruderhausDiakonie die gesundheitliche Vorsorgeplanung ganzheitlich. Die Pflegekräfte kooperieren mit Therapeuten, Hausärzten, Seelsorgern, spezialisierten ambulanten Palliativpflegediensten und Hospizdiensten. „Oft ist es für Angehörige schwer zu akzeptieren, dass ihr Verwandter Abschied nehmen will“, erzählt Beate Grimm. Deshalb mache sie ihnen Mut, beim Abschied dabei zu sein. In allen Einrichtungen der BruderhausDiakonie werde der Verstorbenen würdig gedacht. Im Seniorenzentrum Betzingen steht gleich am Eingang ein Trauerkasten mit einer Rose. Jeder Wohnbereich führt ein Erinnerungsbuch, in Andachten werden für die Verstorbenen Kerzen angezündet. In Walddorfhäslach besuchen Mitarbeiterinnen nach Möglichkeit die Trauerfeiern. Beate Grimm und Svetlana Kunkel sind sich einig. „Im Mittelpunkt stehen Bewohnerwille und Achtsamkeit.“