Exoskelette stützen Muskel-Skelett-Apparat

Vom Rollstuhl aufs Bett setzen, hochlagern, umbetten: Pflegekräfte müssen oft kräftig anpacken. Neue technische Systeme wie Exoskelette könnten helfen, den Rücken zu entlasten und Beschwerden vorzubeugen. In einem vom Arbeits- und Sozialministerium geförderten Projekt namens „Expertise 4.0“ testen derzeit Pflegekräfte der BruderhausDiakonie die neue Technik – gemeinsam mit den Projektpartnern LebensPhasenHaus Tübingen und MEMe-Institut Eichwalde. Ein Exoskelett wird wie ein Rucksack angezogen und stützt den Muskel-Skelett-Apparat. Industrie und Handwerk nutzen dies bei schweren körperlichen Arbeiten. „Wir prüfen, ob die Technik auch in der Pflege sinnvoll ist – und wie sie weiterentwickelt werden könnte“, sagt Verena Münch, Projektkoordinatorin und Leiterin des Geschäftsfelds Altenhilfe der BruderhausDiakonie.

Ziel ist, die Arbeit in der Pflege zu erleichtern

Pflegekräfte sind besonders häufig von Rückenschmerzen und Muskel-Skelett-Erkrankungen betroffen. Die BruderhausDiakonie setzt deshalb nicht nur auf bewährte Hilfsmittel wie Lifter und schult in rückenschonendem Arbeiten. Sie engagiert sich auch dafür, neue Techniken zu erproben. „Wir wollen, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möglichst gute Bedingungen vorfinden, damit sie ihren Beruf langfristig und gesund ausüben können“, betont Verena Münch. Über drei Jahre hinweg werden die Pflegekräfte unter Praxisbedingungen verschiedene Exoskelette ausprobieren und beurteilen. „Wir versuchen, deren Potenziale für die Pflege zu beschreiben, aber auch mögliche Beschränkungen“, berichtet die Geschäftsfeldleiterin, die im Projekt von den Altenhilfe-Referenten Katja Michael und Josef Huber unterstützt wird.

Pflegekräfte gestalten die eigene Zukunft mit

Das Projekt „Expertise 4.0“ ist in mehrfacher Weise neuartig: Es geht einerseits um neue Technik. Gleichzeitig folgt es einem ungewöhnlichen wissenschaftlichen Ansatz: der sogenannten Citizen Science (Bürgerwissenschaft). Das heißt: Betroffene – in diesem Fall Pflegekräfte der BruderhausDiakonie – leisten einen Beitrag zur Wissenschaft, indem sie sich an der Erforschung wichtiger Fragen beteiligen. Sie können im Forschungsprozess mitentscheiden, geben wichtige Impulse und gestalten die eigene berufliche Zukunft mit. Die eigens dafür geschaffene Wissensplattform WIQQI ermöglicht in sozialen Netzwerken den Austausch und die Verbreitung von Informationen und Diskussionen über die Exoskelette. Lernvideos und Erfahrungsberichte werden auf Instagram, Facebook, Twitter und Youtube der Öffentlichkeit präsentiert.

Fokusgruppen diskutieren über Vor- und Nachteile 

Erste Erklär-Videos sind bereits online. Sie zeigen, wie man die Exoskelette anlegt und in verschiedenen Situationen benutzt – etwa beim Umsetzen vom Rollstuhl ins Bett, bei der Lagerung am Boden oder einer Herzdruckmassage. In sogenannten Fokusgruppen haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BruderhausDiakonie die Vor- und Nachteile der neuen Technik bereits erörtert und darauf hingewiesen, dass sich Exoskelette auch zur Korrektur falscher Bewegungsabläufe einsetzen lassen. Andererseits seien Exoskelette für die Pflegearbeit noch nicht optimiert. Die Bewegungsabläufe seien individueller, komplexer und weniger standardisiert als in der Industrie. „Wir freuen uns, Teil dieses innovativen Projektes zu sein“, so Verena Münch. „Als BruderhausDiakonie möchten wir unseren Beitrag leisten, dass solche Zukunftstechnologien breit diskutiert werden.“