In der großen Pause spielen die Kinder Fangen, toben auf der Wiese und klettern auf Bäume. Sie wirken fröhlich. Malzgeruch zieht von der unweiten Brauerei herüber. Die Grundschule der Schwarzwald-Gemeinde Alpirsbach hat hier – mitten in der Stadt, am Hang gelegen – einen großzügigen Außenbereich errichtet. Nach der Pause schauen ein paar Schülerinnen und Schüler im Büro von Peter Krause, Schulsozialarbeiter der BruderhausDiakonie, vorbei. Krause nennt die Kinder Glückslotsen. Als Kaminkehrer, Kleeblatt, Hufeisen, Marienkäfer und Goldmarie sorgen sie für gute Stimmung in der Klassengemeinschaft. „Ihre Hauptaufgabe besteht darin, ihr Glück mit jenen zu teilen, die weniger davon haben“, erklärt Krause. „Solche neuen Ideen kommen gut an.“

Hilfe bei persönlichen, familiären und schulischen Problemen

Noch vor wenigen Jahren war der Bedarf an  Schulsozialarbeit im ländlichen Raum nicht für jeden nachvollziehbar. Inzwischen ist sie zum festen Bestandteil des Schulalltags geworden. „Bei den Problemen an Grundschulen gibt es kaum Unterschiede zwischen Stadt und Land“, sagt Peter Krause. An der ebenfalls von ihm betreuten Gemeinschaftsschule in Loßburg mache sich der Einfluss der knapp 60 Kilometer entfernten Stadt Offenburg bemerkbar, zum Beispiel im Hinblick auf den Konsum von Suchtmitteln. „Die Schwierigkeiten aus den Städten schwappen zu uns herüber“, bestätigt Natalie Wilms, zuständig für die ebenfalls von der BruderhausDiakonie verantwortete Schulsozialarbeit an der Grund- und Realschule Dornhan mit knapp 450 Schülerinnen und Schülern. Als studierte Sozialpädagogen unterstützen Krause und Wilms im ländlich geprägten Schwarzwald Schülerinnen und Schüler bei persönlichen, familiären und schulischen Problemen – direkt in der Schule, vertraulich, verlässlich, frühzeitig und vor allem präventiv. Ihre Arbeit basiert auf einer guten Zusammenarbeit mit Kindern, Eltern und Lehrkräften. In den Schulen haben sie eigene Räumlichkeiten für Gruppenangebote und Einzelgespräche. 

Das Selbstbewusstsein der Kinder und Jugendlichen stärken

„Die Gemeinde Loßburg ist vor knapp zehn Jahren auf uns als erfahrenen Träger in der Jugendhilfe zugekommen", berichtet Edwin Benner, Fachbereichsleiter Jugendhilfe bei der BruderhausDiakonie in der Region Freudenstadt, Tübingen und Zollernalb. Damals hätten „Schüler vermehrt mit Schlägereien und Schmierereien über die Stränge geschlagen“. Durch die Inklusion steige der Bedarf an Sozialarbeit in den Schulen zusätzlich. Als großer Jugendhilfeträger halte die BruderhausDiakonie ein vielfältiges Angebot für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bereit. Die fachliche Qualität werde durch regelmäßige Weiterentwicklung, innovative Impulse aus der Projektarbeit, Fort- und Weiterbildungen sowie den kollegialen Austausch sichergestellt. Neben der Einzelfallhilfe gehe es bei der Schulsozialarbeit um das soziale Lernen. „Wir beziehen die Kinder und Jugendlichen mit ein und stärken ihr Selbstbewusstsein“, sagt Benner.

Schulsozialarbeiter unterstützen alle Schülerinnen und Schüler

Vorteilhaft sei auch, dass man sich auf dem Land häufig noch von der Schule oder aus Vereinen kennt. „Die Hemmschwelle, uns anzusprechen, ist dadurch niedriger“, meint Benner. Genauso erlebt es Natalie Wilms. Mit einigen Eltern, die sie heute berät, ist die 40-Jährige zur Schule gegangen. „Selbst in schwierigen Fällen wie zum Beispiel häuslicher Gewalt wurde die Nähe zueinander als positiv empfunden.“ Verstärkt durch die Corona-Pandemie verzeichnet die Sozialpädagogin eine Zunahme an depressiven Symptomen, Schlafstörungen, sozialem Rückzug und Selbstverletzungen. Auch Themen wie die geschlechtliche Identität seien auf dem Land angekommen. „An unserer kleinen Schule geht kein Kind verloren“, sagt Wilms, „die Lehrkräfte kennen jeden und kümmern sich um jeden.“ Ihr Fazit: „Es geht jetzt nicht nur ums Aufholen schulischer Kompetenzen, sondern auch um den sozialen und emotionalen Bereich.“

Präventionsangebote sind bei Eltern beliebt

Peter Krause hat die Erfahrung gemacht, dass Eltern besonders Präventionsangebote schätzen wie beispielsweise den Schülerrat und die  Streitschlichter. „Ich habe selbst Kinder groß gezogen und kann mit den Eltern offen sprechen“, sagt der 55-Jährige. An seiner Bürotür hängt eine Liste, auf der sich Interessierte einen Beratungstermin reservieren können. „Die Schulsozialarbeit ist positiv, wohlwollend und überparteilich“, versichert der Sozialpädagoge. Und manchmal werden die Kinder selbst aktiv. So haben die Streitschlichter an der Grundschule Alpirsbach ein Bild von sich und Krause gemalt, das in seinem Büro hängt. Dazu haben sie geschrieben: „Wir vereinen die ganze Welt.“

Autor: Andreas Straub