Heute blickt Alina Hauser* voller Zuversicht nach vorne. „Ich fühle mich bestärkt und kann mir jetzt gut vorstellen, eine Ausbildung zu machen“, sagt die junge Frau. Vor einigen Monaten sah das noch anders aus: „Mir war alles über den Kopf gewachsen. Ich konnte einfach nicht mehr.“ Schließlich ging sie nicht mehr in die Berufliche Schule in Rottenburg, wo sie eigentlich ihren Realschulabschluss machen wollte. In dieser Situation informierte die Schule über das Projekt NoW (Neuorientierung und Wiedereinstieg) des Ausbildungsverbunds der BruderhausDiakonie in Tübingen. Das Projektteam begleitet junge Menschen wie Alina Hauser, die aus unterschiedlichen Gründen der Schule unentschuldigt fernbleiben oder vor dem Schulabbruch stehen, ein halbes Jahr lang und hilft ihnen, sich neu zu orientieren und wieder einen Weg in Ausbildung und Beruf zu finden. Das Projekt läuft seit Jahresbeginn 2021 und kann zwölf junge Menschen aufnehmen.

Vertrauen und Stabilität gewinnen

„Die Gründe für das Fernbleiben vom Unterricht sind sehr vielfältig“, weiß Silke Burgdorf, Teamleiterin Soziale Integration und Leiterin des Projekts NoW. „Sie reichen von Über- oder Unterforderung in der Schule bis hin zu psychischen Beeinträchtigungen, die durch permanente Misserfolgserfahrungen oder Mobbing entstehen können oder verstärkt werden.“ In einem Gespräch, an dem auch die Schulsozialarbeiterin teilnahm, bekam Alisa Hauser einen ersten Eindruck von dem Projekt. „Dieser war so positiv, dass ich das ausprobieren wollte“, erzählt die 17-Jährige. Wie alle jungen Menschen, die am Projekt teilnehmen, stand ihr eine feste Bezugsperson zur Seite. Sechs Monate lang hat Selina Kuche, sozialpädagogische Fachkraft beim Ausbildungsverbund, Alina Hauser begleitet. Es sei zunächst darum gegangen, Vertrauen aufzubauen und Stabilität zu gewinnen, um dann, Schritt für Schritt, nach Lösungen zu suchen.

Persönliche Ziele entwickeln

„Oft müssen erst persönliche Themen und Probleme bearbeitet werden, ehe es um schulische oder berufliche Themen gehen kann“, berichtet Selina Kuche, die wie Projektleiterin Silke Burgdorf ihr Büro im Rottenburger Jugendhaus Klause hat. In regelmäßigen Gesprächen analysieren die NoW-Fachkräfte mit den jungen Menschen, was nötig ist, um Abbrüche zu vermeiden und persönliche Ziele zu entwickeln. Meist kommen die Fachkräfte zu den Projektteilnehmern nach Hause oder suchen sie an einem Treffpunkt auf.  Bei dringenden Problemen sind sie mobil erreichbar. „Diese Gespräche haben mir am meisten geholfen“, versichert Alina Hauser. „Auch wenn ich dachte, keiner versteht mich, keiner hilft mir, hat man mir hier immer zugehört.“ Mit der Zeit erkannte Alina, dass sie gerne mit Holz arbeiten würde. Im Gewerk Holz des Ausbildungsverbunds kann sie nun herausfinden, ob es das Richtige für sie ist.

Offene Sprechstunde im Jugendhaus

Im Rahmen des Projekts arbeiten Silke Burgdorf und Selina Kuche eng mit dem Jugendhaus Klause in Rottenburg zusammen. Über das Projekt hinaus bieten sie für Besucherinnen und Besucher des Jugendhauses eine offene Sprechstunde an. So haben die Jugendlichen die Möglichkeit, mit den Projektmitarbeiterinnen in Kontakt zu kommen. „Wir müssen nicht jedes Gespräch in einer Büroumgebung führen“, betont Selina Kuche. Auch beim Tischfußball im Untergeschoss seien Gespräche möglich. Spielen könne in bestimmten Situationen durchaus entlastend und entspannend wirken. Alina Hauser jedenfalls ist überzeugt: „Mir hat das Projekt sehr geholfen, herauszufinden, in welche Richtung es beruflich bei mir gehen soll. Ich fühle mich lebendiger, bin motiviert und weiß jetzt, dass ich eine Schreinerlehre machen möchte.“

Autorin: Raphaela Weber

* Name von der Redaktion geändert