Auf jedem Stolperstein steht ein in Messing eingravierter Name: Damit möchte der Künstler Gunter Demnig ein „gedankliches Stolpern“ bewirken zur Erinnerung an die jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger, die in Buttenhausen lebten und von den Nationalsozialisten deportiert und ermordet wurden. Begleitet von bewegenden Worten, einfühlsamen Gebeten und Saxophonklängen verlegte der Künstler am 21. September 2020 in Münsingen-Buttenhausen insgesamt 14 sogenannte Stolpersteine – jeder ist einem Opfer des Holocausts gewidmet. Fünf Steine befinden sich vor dem ehemaligen Wohnhaus der Gebrüder Salomon und Hermann Löwenthal in der Zwiefalter Straße, das heute zur BruderhausDiakonie gehört. Wie Markus Rank, Fachbereichsleiter Sozialpsychiatrie und Behindertenhilfe Alb, betonte, sind im Ostflügel Wohngemeinschaften für Auszubildende der BruderhausDiakonie untergebracht. „Im Westflügel ist Wohnraum für Menschen mit Suchthintergrund, die hier selbstständig im ambulant betreuten Wohnen leben können.“

1987 übernahm die BruderhausDiakonie das Haus Löwenthal

Mit der Verlegung der Stolpersteine vor dem Haus Löwenthal wurde eine angesehene Familie geehrt, die das größte Pferdehandelsunternehmen im weiten Umkreis führte. „Die Brüder waren die größten Steuerzahler im Ort und Salomon Löwenthal zog noch nach der Reichstagswahl vom März 1933 erneut in den Gemeinderat ein, auch mit christlichen Stimmen“, berichtete Eberhard Zacher, Mitglied des Münsinger Geschichtsvereins. „Er und seine Frau Julie glaubten bis zum Schluss, im Land von Goethe, Schiller und Beethoven könne ihnen nichts passieren.“ 1987 übernahm die ehemalige Haus am Berg gGmbH, die heutige BruderhausDiakonie, das Haus Löwenthal. „1959 wurden Frauen mit psychischen Erkrankungen aufgenommen, sie konnten damit außerhalb einer geschlossenen Unterbringung leben“, berichtete Fachbereichsleiter Markus Rank. Mitte der 90er Jahre seien auch männliche Klienten eingezogen. Bis 2018 hätten 24 Frauen und Männer mit geistiger Behinderung im Haus Löwenthal gewohnt.

Eine weitere Etappe zur Aufarbeitung der Geschichte

David Holinstat von der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg bezeichnete Buttenhausen als einen „Ort der Ausnahme“, in dem Christen und Juden viele Jahre lang gut zusammenlebten. Die Verlegung der Stolpersteine sei eine weitere Etappe, um die Geschichte der Judenverfolgung aufzuarbeiten. Ortsvorsteherin Sybille Holz lobte das Engagement der Stadt Münsingen, die das Projekt finanziert hat, und von Museumsleiter Yannik Krebs. „Es war nicht immer leicht, den letzten Wohnort einzelner Personen ausfindig zu machen. Mit den Stolpersteinen bekommen die Opfer ihren Namen zurück, der von den Nationalsozialisten ausgelöscht wurde.“ Bürgermeister Mike Münzing betonte, „die Stolpersteine sollen an die Menschen erinnern, die zur Gestaltung des Ortes beigetragen haben, hier verwurzelt waren und durch den Holocaust um alle ihre Chancen und Entwicklungen gebracht wurden“. Pfarrerin Regina Götz mahnte: „Es darf sich nicht wiederholen, dass das Leben unserer Brüder und Schwestern missachtet wird.“

Weitere Stolpersteine sollen ab nächstem Jahr folgen

Der Künstler Gunter Demnig verlegte in Buttenhausen weitere Stolpersteine in der Straße Am Wiesengrund, wo der Rabbiner und Lehrer Naphtali Berlinger mit seiner Familie lebte. Museumsleiter Yannik Krebs erinnerte Am Heidelgarten an die Familie Lichtenauer und Levi und im Badgässle an die Familie von Emanuel Levi. „Mit den Steinen wollen wir die Familien wieder zusammenführen.“ Weitere Stolpersteine sollen ab dem nächsten Jahr folgen.