Wer glaubt, Stricken, Häkeln, Nähen, Weben seien Frauensache, wird in der Handweberei der BruderhausDiakonie in Buttenhausen eines Besseren belehrt. Hier häkeln und weben Männer mit ebenso viel Freude wie Frauen. 16 wahre Handarbeitskünstlerinnen und -künstler treffen sich täglich in der Werkstatt, um Flickenteppiche für die Küche und Wollteppiche fürs Wohnzimmer zu weben. Da die Arbeit an den großen Webstühlen anstrengend ist und vollen Körpereinsatz erfordert, wird zur Entspannung schnell mal ein großer Wollekorb zwischendurch gehäkelt oder werden Socken in allen Größen und Farben auf dem Nadelspiel gestrickt.

Austausch mit Kundinnen und Kunden

In der Handweberei arbeiten Menschen mit Behinderung und Menschen mit psychischer Erkrankung. Sie produzieren nicht nur beliebte Web-, Strick- und Häkelklassiker, sondern auch Produkte, die gerade angesagt sind. Etwa wiederverwendbare Drogerie-Artikel wie Schminktücher und Spüllappen, die Anke Trippel häkelt. Adelheid Allgeier präsentiert stolz einen grünen Mützenbommel, der nur noch an die zugehörige Mütze genäht werden muss, und Irmtraud Junginger übt sich in der Königsdisziplin des Sockenstrickens. Sie kümmert sich vor allem um die Fersen – eine knifflige Angelegenheit, die viel Erfahrung und Strick-Geschick erfordert. Die in der Handweberei beschäftigten Frauen und Männer aus Buttenhausen, Münsingen und Umgebung freuen sich, dass sie jeden Morgen zur Arbeit in die Werkstatt fahren können, um dort frei nach Gusto und kreativer Laune zu werkeln. Noch mehr freuen sie sich aber auf die Nach-Corona-Zeit, wenn sie neben dem Handarbeiten auch wieder Kundinnen und Kunden beraten und bedienen dürfen. Denn dieser Austausch ebenso wie die Resonanz auf ihre Arbeit ist ihnen wichtig, sei es auf dem Sommerfest-Bazar oder seit Neuestem im Ladengeschäft gleich neben der Werkstatt in der Wasserstetter Straße.

Ort der Begegnung

Denn aus der Not der Corona-Krise – es gibt keine Märkte mehr, auf denen Selbstproduziertes aus der Handweberei verkauft wird –, haben der Werkstattleiter Jörg Stalder und seine Kolleginnen eine Tugend gemacht und das Materiallager neben der Werkstatt in einen flotten Laden verwandelt.

„Ein Ort der Begegnung“, wie der Werkstattleiter den heimeligen Laden nennt, und in der Tat: Hier kann man Stunden verbringen, von Socken über Schals, Mützen, Decken und Sitzkissen immer wieder etwas Neues entdecken und mit den Handarbeitskünstlerinnen und -künstlern fachsimpeln. 

Denn nicht wenig Kunden kommen mit individuellen Wünschen in die Handweberei, lassen sich beraten und Materialien erklären. Vor Ort wird dann über rote, blaue, grüne, graue Flickenteppiche aus Baumwollbändern verhandelt. Wollteppiche aus dicken farbigen Filzschnüren werden zusammen mit Kunden geplant, um dann in oft monatelanger Arbeit auf dem Webstuhl maßgefertigt zu werden. Eine Arbeit, die nicht von heute auf morgen fertig ist, sondern Geduld braucht, Kreativität, Fingerspitzengefühl und Manpower gleichzeitig. Denn Weben ist ein urzeitliches Handwerk, bei dem das „Schiffchen fliegt“. Frauenarbeit würde man denken – aber nein, am ausdauernsten webt der junge Kollege.