Tag der Pflege am 12. Mai

Flexible Arbeitsabläufe: In Teningen entscheidet das Pflegeteam selbst

Das Foto zeigt Mitarbeitende und Führungskräfte des Seniorenzentrums Teningen.
Teamwork im Seniorenzentrum Teningen: Die Leitungskräfte ziehen mit dem Pflegepersonal an einem Strang.

Das Projekt New Work hat im Seniorenzentrum Teningen die Arbeitsabläufe erheblich verändert und lässt den Pflegekräften viel Spielraum, selbst zu entscheiden.

Agron Fazliu ist seit Viertel nach sechs im Einsatz. Die Frühschicht im Pflegeheim ist anstrengend, trotzdem wirkt er auch Stunden später noch gut gelaunt und entspannt. „Seit der Einführung von New Work hat sich für mich persönlich und für das ganze Team viel verändert“, erklärt der junge Altenpfleger. Wenn er früher zur Arbeit kam, bekam er von der Pflegedienstleitung klare Anweisungen, die er zu erledigen hatte. Heute entscheidet der 26-Jährige selbst über seine Arbeit. Gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen vom Frühdienst hat er die Aufgaben, die täglich oder wöchentlich im Seniorenzentrum Teningen anfallen, verteilt. Waschen und Anziehen der Bewohnerinnen und Bewohner, Frühstück bringen, Medikamente richten, Blutdruck messen: An der großen Stecktafel im Dienstzimmer haben an diesem Morgen im Frühjahr 2025 alle notiert, für welche Seniorinnen und Senioren sie heute zuständig sind. Die neue Arbeitsweise, die dem Team mehr Freiraum, Mitsprache und Eigenverantwortung ermöglicht, hat die in der Pflege üblichen hierarchischen Strukturen im Seniorenzentrum der BruderhausDiakonie in der Region Baden deutlich verändert. 

Flache Hierarchien und flexible Strukturen als Erfolgsrezept

„Dadurch macht die Arbeit viel mehr Freude“, sagt Agron Fazliu. Das hat einen positiven Effekt auf die Arbeitsatmosphäre. Niemand wirkt an diesem Morgen gestresst oder gehetzt. Der Umgang miteinander ist freundlich, es wird gelacht und gescherzt. Ob Pflegefachkraft, Pflegehelferin oder Betreuungsassistentin: „Wir sind alle voll auf Augenhöhe“, versichert Ina Becker, „und wir haben ein gemeinsames Ziel: Den Bewohnern eine hohe Lebensqualität zu bieten.“ Die Pflegedienstleitung hat die Einführung des New-Work-Konzepts vor zwei Jahren mitbegleitet. Der Mangel an Pflegekräften, den das Team durch Mehrarbeit kompensieren musste, habe eine Neuorientierung dringend notwendig gemacht. „So konnte es nicht weitergehen“, bestätigen Jürgen Beißinger, Leitung Region Baden der BruderhausDiakonie, und Margit Huber, Bereichsleitung Altenhilfe. Mit Unterstützung von externen Fachleuten, Workshops und Coaching führten sie Anfang 2023 New Work als Pilotprojekt im Seniorenzentrum Teningen ein.

Konzept „New Work“ ist attraktiv für neue Mitarbeitende 

Seither organisiert sich das Team selbst – und das so erfolgreich, dass die neue Arbeitsweise nach Projektende beibehalten werden soll. „New Work ist für uns zu einer Arbeitshaltung geworden, die stetig weiterentwickelt werden soll“, sind sich Regional- und Bereichsleitung einig. Inzwischen gebe es fast keine Fluktuation mehr, berichtet Ina Becker, die Krankheitsquote sei um zwei Drittel zurückgegangen. Gleichzeitig stellte sie in den vergangenen zwei Jahren 24 neue Pflegekräfte ein. Aktuell versorgen 30 Mitarbeiterinnen und sechs Mitarbeiter mit unterschiedlichen Arbeitszeitprozenten 42 Menschen mit Pflegebedarf in vier Wohnbereichen. Zwei Wohnbereiche sind in den vergangenen Monaten wiedereröffnet worden – für die Organisation war das Team verantwortlich. „Ich hab‘ mich da nicht eingemischt“, sagt Becker.

Mitarbeitende erleben mehr Zufriedenheit und Selbstvertrauen

Diese neue Form der Zusammenarbeit ist der Grund, warum Melanie Cremer im Januar den Arbeitsplatz gewechselt hat. „So etwas habe ich mir schon seit Jahren gewünscht.“ Lächelnd steht die Pflegefachkraft im Wohnbereich Rosengarten, der wie die anderen ein familiäres, heimeliges Ambiente ausstrahlt. „Ich sehe hier ganz viel Potenzial“, sagt die 60-Jährige. „Dieses Pflegeheim hat alle Chancen, zukunftsweisend zu sein.“ Ihre Kollegin Gerda Wickersheim schiebt gerade eine Seniorin im Rollstuhl über den Flur. „New Work macht vieles einfacher“, meint die langjährige Pflegemitarbeiterin. „Es ist eine ganz andere Kommunikation zwischen Team und Leitung.“ Das gefällt auch Marion Kappes. Die gelernte Hotelfachfrau hat eine Ausbildung zur Betreuungsassistentin absolviert und gehört seit einem halben Jahr zum Team. „Es wird geschätzt, wenn man sich einbringt. Das motiviert mich“, sagt die 57-Jährige. 
Ihre junge Kollegin Nadja Buderer hat vor anderthalb Jahren aus einem Krankenhaus ins Pflegeheim gewechselt. „Hier fällt mir die Arbeit viel leichter als in hierarchischen Strukturen“, erklärt die gelernte Krankenpflegerin und mittlerweile stellvertretende Pflegedienstleitung. „Dass meine Kompetenzen wahrgenommen und gefördert wurden, hat mir sehr viel Selbstvertrauen gegeben“, meint die 27-Jährige. Für Ina Becker ist es beeindruckend, „wie sehr sich alle weiterentwickelt haben und wie viel Spaß ihnen die Arbeit jetzt macht“. 

Unstimmigkeiten und Probleme im Team gemeinsam lösen 

Damit das so bleibt, sind gute Absprachen notwendig. Die Pflegedienstleitung führt regelmäßig Teamgespräche und moderiert Workshops zum Thema New Work. An diesem Tag steht eine außerplanmäßige Teambesprechung auf dem Programm. Die Caféteria ist voller Menschen, selbst Agron Fazliu nimmt teil, obwohl er seine Schicht beendet hat. Es habe Unstimmigkeiten im Team gegeben, die man möglichst schnell klären wolle, informiert Becker. Sie fordert Pflegekräfte und Hauswirtschafterinnen auf, ihre jeweiligen Aufgaben vorzustellen und die gegenseitigen Erwartungen zu formulieren. Auf diese Weise gelingt es, Situationen, die Ärger erregt hatten, zu identifizieren und Lösungswege zu erarbeiten. Am Schluss sind sich alle einig, auftretenden Unmut möglichst schnell anzusprechen und untereinander zu klären. Ganz im Sinne von New Work.

Erfahren Sie mehr über das Pflegeheim und Seniorenzentrum Teningen.

Foto im Detail (v.l.n.r):
Jürgen Beißinger, Regionalleitung Baden, Margit Huber, Fachbereichsleitung Altenhilfe Region Baden, Nadja Buderer, Pflegefachkraft im Seniorenzentrum Teningen, Ina Becker, Pflegedienstleitung im Seniorenzentrum Teningen