Senioren-WG: In familiärer Atmosphäre gepflegt alt werden

Eine Seniorin und eine Alltagsbetreuerin kochen gemeinsam in einer Küche.
Else Höhn (links) und Alltagsbegleiterin Antje Bez schneiden gemeinsam Obst für den Obstsalat.

In der ambulant betreuten Seniorenwohngemeinschaft in Hohenstein-Bernloch auf der Schwäbischen Alb leben pflegebedürftige Menschen selbstbestimmt zusammen.

Es ist ziemlich kalt an diesem Morgen in Hohenstein-Bernloch auf der Schwäbischen Alb. Bäume und Sträucher sind von einer Schicht Raureif überzogen. „Schaut nur, wie schön. Die Krone ist ganz weiß“, sagt eine Bewohnerin der Seniorenwohngemeinschaft „Im Adler“ und zeigt auf einen schmalen Baum im Garten. Sie sitzt gemeinsam mit weiteren Bewohnerinnen beim Frühstück. „Vielleicht schneit's auch noch mal“, fügt ihre Tischnachbarin hinzu, während sie andächtig eine Brotscheibe mit Marmelade bestreicht. Antje Bez schmunzelt. „Ja, wir haben dieses Jahr gar keinen Schneemann bauen können.“ Die Alltagsbegleiterin steht an diesem Morgen im Frühjahr 2025 am Küchentresen des offenen Wohn- und Essbereichs und schneidet Äpfel und Mandarinen in Schnitze. Heute Mittag soll es nach der Gemüsesuppe Obstsalat zum Nachtisch geben. Die gemeinschaftliche Wohnform, die es älteren Menschen im ländlichen Raum ermöglicht, trotz zunehmender Pflegebedürftigkeit in ihrem gewohnten Umfeld zu bleiben, gilt als Modell der Zukunft.  

Hohes Maß an Selbstbestimmung ermöglichen

Sarah Arnold, Pflegefachkraft beim ambulanten Dienst BD mobil und Leiterin der Einrichtung, ist von dem Konzept überzeugt, das den Seniorinnen und Senioren ein hohes Maß an Selbstbestimmung gewährt. „Die Bewohnerinnen sind unsere Chefs“, sagt Sarah Arnold schmunzelnd. Sie bestimmen, was es zu essen gibt und wie der Alltag aussieht – ob nachmittags gebastelt, gesungen, gespielt oder gebacken wird. „Die Wohngemeinschaft ist familiär. Wir gehen individuell auf die Bedürfnisse der Bewohnerinnen ein.“ Ein weiterer Vorteil: „Das Leben in einer Wohngemeinschaft ist wesentlich kostengünstiger als in einer stationären Einrichtung, weil der Anteil der Pflegefachkräfte am Gesamtteam geringer ist.“ Unter den elf Teilzeit- Mitarbeiterinnen der Wohngemeinschaft sind drei Altenpflegerinnen, eine Alltagsbegleiterin und sieben Quereinsteigerinnen aus anderen Berufssparten. Unterstützt wird das Team von einem ehrenamtlichen Einkaufsdienst. 

Gemeinschaft erleben und Selbständigkeit fördern 

„Wir haben schon viel gebastelt“, meint WG-Bewohnerin Else Höhn, „und ich hab’ Freud’ dran.“ Die 93-Jährige hat wie jeden Tag nach dem Frühstück ihr Apartment gekehrt und aufgeräumt. Jetzt schält sie in der Küche Kartoffeln fürs Mittagessen. „Ich hab’ mein Leben lang hart gearbeitet“, erzählt die ehemalige Landwirtin. „In der Landwirtschaft gibt’s keinen Sonntag.“ Anfangs habe sie ihr Haus in Trochtelfingen nicht verlassen wollen, aber inzwischen schätze sie das WG-Leben. „Uns geht’s hier gut“, findet Else Höhn, und das Schönste sei, „dass man nicht allein ist“. Die Bewohnerinnen und Bewohner werden in ihrer Selbstständigkeit gestärkt, indem sie entsprechend ihres Bedarfs Unterstützung erfahren. Antje Bez hat eine sechsmonatige Ausbildung zur Alltagsbegleiterin absolviert, die ihr das Arbeitsamt als Wiedereinstieg ins Berufsleben finanziert hat. Sie liebe die Arbeit mit älteren Menschen, speziell auch mit demenziell Erkrankten. „Das ist meine Berufung“, schwärmt die 62-jährige dreifache Mutter. „Kochen, waschen, bügeln, reinigen, betreuen“, fasst Antje Bez ihr Aufgabenspektrum zusammen. Besonders gern arbeitet sie handwerklich mit den Seniorinnen.

Seniorenwohngemeinschaft als Erfolgsmodell

„Das Angebot“, betont Simon Baier, Bürgermeister der Gemeinde Hohenstein „deckt damit einen wichtigen Baustein ab, der sich von einer stationären Betreuung abgrenzt.“ Baier bezeichnet die Senioren-WG als ein absolutes Erfolgsmodell und den gegenseitigen Austausch mit der BruderhausDiakonie als sehr gewinnbringend. Wichtig sei ihm dabei die Einbindung der Seniorinnen und Senioren in das Gemeindeleben. So hat die Gemeinde direkt neben der Wohnanlage einen Bürgertreff mit vielfältigen Begegnungsmöglichkeiten eingerichtet. Davon profitieren auch WG-Bewohnerinnen wie Inge Lemke. „Ich brauch’ einfach die Gemeinschaft“, betont die 88-Jährige und klaubt das letzte Stück Brot vom Teller. „Es ist so schön“, sagt sie und lächelt verschmitzt. „Ich kann morgens aufstehen und frühstücken, wann ich möchte.“ Und was noch besser sei: „Ich komme mit allen hier gut aus.“

Erfahren Sie mehr über die Seniorenwohngemeinschaft “Im Adler” in Hohenstein-Bernloch.