Die großen Lagerflächen sind der Trumpf der BruderhausDiakonie
Die Werkstätten der BruderhausDiakonie müssen mit Preis, Termintreue und Zuverlässigkeit punkten – für ihre Logistik ist das eine Herausforderung.
In der Reutlinger Oberlinstraße steht eine Lagerhalle, die der großen Selbstbedienungshalle von Ikea nicht unähnlich ist: Die stählernen Hochregale sind auch im Sommer 2024 bis unter die Decke mit Paletten, Holzkisten und Pappkartons gefüllt. Ein Gabelstapler flitzt umher. Neben den Montageräumen ist dieses Zentrallager das Herzstück der Werkstätten der BruderhausDiakonie in Reutlingen. Ein 40-Tonner steht gerade an der Laderampe. Mitarbeiter entladen den Lkw mit einem Handhubwagen. So ein Lager zu haben, ist ein klarer Vorteil für die BruderhausDiakonie: Die Zeiten, in denen ein Unternehmen zwei oder drei Kisten Material zur Montage vor die Tür stellte, seien seit 25 Jahren vorbei, sagt Klaus Fischer, Geschäftsfeld- und Regionalleitung Arbeit und berufliche Bildung bei der BruderhausDiakonie. „Heute kaufen und bestellen wir das gesamte Material, montieren und verpacken es, disponieren es komplett, lagern es ein und liefern es termingerecht aus.“ Als Alleinstellungsmerkmal der BruderhausDiakonie in diesem Bereich nennt er die komplette Abwicklung vom Einkauf über die Verarbeitung und Einlagerung bis zur Auslieferung. „Da sind wir gut drin, da sind wir einzigartig.“ All diese Schritte kommen aus einer Hand.
Wichtig: Just in time liefern können
Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter und Beschäftigte der Werkstätten stellen beispielsweise aus mehr als 70 Einzelteilen die Werkzeugkoffer für die Firma Festool zusammen. Die Lagerfläche ermöglicht genügend Puffer, sie erlaubt den Einkauf von großen Mengen auf Rabattbasis, das Einlagern von Material über ein halbes oder dreiviertel Jahr und eine Just-in-time-Lieferung. Mit zwei Standorten der Werkstätten in Reutlingen und einem weiteren Standort in Dettingen/Erms verfügt die BruderhausDiakonie über 4000 Palettenstellplätze. Nimmt man die Maße einer Europalette als Berechnungsbasis, ist das eine Gesamtlagerfläche von 3840 Quadratmetern, gut die Hälfte eines Fußballfelds. Dicht bepackt, zum Beispiel mit Schrauben, lässt sich da einiges unterbringen.
Passgenaue Mengen auf Lager haben
Am Beispiel eines Großauftrags – dem Verpacken von Zylinderkopfschrauben für den Konzern ElringKlinger – schildert Alexander Herbrich, Leiter des Bereichs Kaufmännisches Produktionsmanagement, die Auftragsabwicklung und die logistischen Herausforderungen: „Diese Schrauben kommen von Lieferanten beispielsweise aus Indien oder Italien in großen Holzkisten oder auf Paletten. Verschifft und dann per Lkw geht die Reise nach Reutlingen, um dort in handliche Portionen, die maximal 22 Kilogramm wiegen, umgepackt zu werden. Wir lagern die Ware ein. Und wir haben Zugriff auf das Produktionsplanungssystem von ElringKlinger. Das heißt, wir rufen uns die Aufträge eigenständig ab, planen sie ein und liefern die Ware selbstständig an die Distributorenzentren von ElringKlinger aus.“ Innerhalb eines Jahres werden rund 1,2 Millionen Schraubensätze verpackt. 40 bis 50 Klientinnen und Klienten der 180 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Werkstätten in Reutlingen seien damit befasst, berichtet Alexander Herbrich. Zu ihren Aufgaben gehört, Paletten zu entpacken, den Wareneingang zu kontrollieren, die Ware zu etikettieren, die QR-Codes anzubringen sowie die Lastwagen zu be- und entladen. Der Auftraggeber stellt die Anforderungen mit den sogenannten Forecast-Zahlen: beispielsweise 1000 Schrauben im Juli, 1000 Schrauben im August, aber nur 500 im September – die Werkstätten führen das passgenau aus.
Enge Zeitslots für die Auslieferung
Anlieferung und Auslieferung sind die herausforderndsten Abschnitte der Lieferkette. Just in time sei da wichtig. „Der Druck des Kunden ist immer da“, sagt Alexander Herbrich. Die Zeitslots für die Auslieferung seien eng. Wenn etwa bei der Logistikfirma Rhenus am Stuttgarter Hafen am Donnerstag von 10 bis 12 Uhr eine Rampe gebucht sei, müsse die Ware zu diesem Zeitpunkt vor Ort sein. „Zur Not muss der Lkw-Fahrer halt schon am Vorabend hin und da übernachten.“ Spediteure werden beauftragt, aber haften müssen bei Unpünktlichkeit die Werkstätten. Zusätzlichen Druck erzeugt die Lieferantenbewertung: Ein A gibt es für sehr gute Leistung, ein B für mittlere und bei einem C wird der Lieferant wegen Unzuverlässigkeit gesperrt. Wie bedeutend die Pünktlichkeit ist, lässt sich am Beispiel der Zusammenstellung eines Sets für die Seifenblasenfirma Pustefix erklären. Ein Discounter hatte die Sets in seiner Angebotswoche angepriesen. Die Werkstätten hatten die Sets verpackt. Ein Drama, wären die Seifenblasenpackungen nicht pünktlich am Montagmorgen in den Läden gewesen. Wobei: Auch eine zu frühe Lieferung wird von den Auftraggebern nicht gewünscht und gibt Minuspunkte. Wie in der freien Wirtschaft seien „der Preis, die Verlässlichkeit und die Termintreue“ die wichtigsten Kriterien für eine Auftragsvergabe an die Werkstätten, sagt Klaus Fischer.
Aufträge aus verschiedenen Branchen
Die globale Abkühlung der Konjunktur spüren auch die Werkstätten. Da viele Montageteile aus China kommen, sind Unterbrechungen der Lieferkette – etwa durch eine Blockade des Suez-Kanals – ein Thema. Die Umwälzungen in der Autoindustrie können Herbrich und Fischer auch nicht ignorieren. „Wir müssen immer schauen, dass wir eine Auslastung kriegen“, sagt Klaus Fischer. Längst ist diversifiziert worden, die Auftragsannahme weit gestreut, weg vom Auto: Da werden Module für den Solartechnikanbieter novotegra GmbH montiert oder Handbremsen des Mittelständlers Magura für Räder und Motorräder. In der jetzigen Zeit bleibt Ware auch mal länger im Lager. Doch die Werkstätten sichern sich gegen zusätzliche Kosten durch Ladenhüter ab. Zum einen fließen die Lagerkosten in die Preiskalkulation ein, zum anderen lassen sich die Werkstätten eine Garantie dafür geben, dass eine bestimmte Ware innerhalb eines gewissen Zeitraums geordert wird. So wird verhindert, auf Unverkäuflichem sitzen zu bleiben.
Autor: Christoph Link
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