Reutlingen (bd) — Als sich der lange Trauerzug mit Hunderten von Menschen am 5. August 1887 beim Reutlinger Krankenhäusle in Bewegung setzte, war klar: Hier wird um einen beliebten und äußerst geschätzten Mitbürger getrauert. In der Tat hatte sich Gustav Werner sehr um Reutlingen verdient gemacht. 1884 wurde er entsprechend zum Ehrenbürger Reutlingens ernannt. Mit seinen Schulen und sozialen Einrichtungen in Reutlingen und ganz Württemberg gab er Menschen in einer schwierigen Zeit nicht nur Bildung und Arbeit, sondern eine Heimat. Insbesondere auch jenen, die aufgrund geistiger und/oder körperlicher Einschränkungen keinerlei Chancen auf dem Arbeitsmarkt gehabt hätten. Er gab außerdem ledigen Frauen eine bis dahin nicht gekannte berufliche Perspektive: So kamen die ersten staatlich geprüften Grundschullehrerinnen in Württemberg aus dem Bruderhaus. Mit seinen Fabriken in Reutlingen und in Dettingen war Gustav Werner einer der großen Arbeitgeber der Stadt. Mit dem Krankenhäusle schließlich schuf er 1885 noch einen sicheren Rückzugsort für „Kranke, Arme und Schwache“.

Anlässlich des 136. Todestags Gustav Werners gibt es am Mittwoch, 2. August 2023, um 15 Uhr eine Sonderführung in „seinem Krankenhäusle“ (Manfred-Oechsle-Platz 2). Der auffällige Backsteinbau zwischen Stadthalle und ZOB erinnert in einer interaktiven Ausstellung an das Leben und vielschichtige soziale Wirken Gustav Werners in Reutlingen und ganz Württemberg. Auf Spurensuche ins 19. Jahrhunderts begeben sich Historikerin Andrea Anstädt und Christian Rodemeister, Beschäftigter der BruderhausDiakonie-Werkstätten. Der Eintritt zu dieser Sonderführung in leichter Sprache für Kinder, Jugendliche und Erwachsene ist frei.