Jochim Lutz ist nicht nur ein erfahrener und kompetenter Sonderschulpädagoge. Er ist auch einer, dem „diese Kinder“ am Herzen liegen. „Wir haben die tollsten Schülerinnen und Schüler, die man sich vorstellen kann. Sie sind alle liebenswert und dankbar für unsere Zuwendung“, betont Lutz, seit 2004 Leiter der Ludwig-Haap-Schule, Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum der BruderhausDiakonie in Loßburg und Calw. Respektvoll und wertschätzend sei der Umgang mit den Kindern und Jugendlichen, wertschätzend auch ihren unterschiedlichen Fähigkeiten und Begabungen gegenüber. „Mein Ziel war immer, diese Kinder so weit zu bringen, dass sie an der Gesellschaft teilhaben und ihren Lebensunterhalt verdienen können.“

Schon Kinder im Grundschulalter haben psychische Probleme

Die Lehrkräfte der Ludwig-Haap-Schule in Loßburg und Calw sehen sich jedoch zunehmend mit psychisch erkrankten Kindern und Jugendlichen konfrontiert. „In den letzten Jahren haben wir immer mehr Schüler, die in der Kinder- und Jugendpsychiatrie behandelt wurden und teilweise Medikamente nehmen müssen“, sagt Lutz. Selbst im Grundschulalter gebe es bereits Kinder mit psychischen Problemen wie Ängsten oder Aufmerksamkeitsdefiziten. „Das war früher anders“, weiß der Schulleiter, der mehr als 25 Jahre lang Schülerinnen und Schüler mit sozial-emotionalem Unterstützungsbedarf begleitet und gefördert hat. Am 8. Juli wurde Jochim Lutz, kurz vor Vollendung seines 65. Lebensjahrs, in den Ruhestand verabschiedet – nach 35 Berufsjahren in der Jugendhilfe, Jugendsozialhilfe und Schule, 31 Jahre davon bei der BruderhausDiakonie.

Angebote wie Frühförderstelle und Sonderpädagogischer Dienst

Um möglichst viele Kinder mit emotional-sozialem Förderbedarf zu erreichen, hat Jochim Lutz mit seinem Team eine Frühförderstelle für Kleinkinder in Calw eingerichtet. „Wir beraten vor allem Erzieherinnen und Eltern betroffener Kinder im Kindergartenalter“, berichtet Lutz. „Für die Begleitung der Regelschulen ist unser Sonderpädagogischer Dienst zuständig.“ Als Lutz vor drei Jahrzehnten zum Jugendhilfeverbund Kinderheim Rodt kam, gab es solche Angebote noch nicht. „In die Ludwig-Haap-Schule gingen damals nur die Kinder aus dem Heim“, erinnert sich der 64-Jährige, der ursprünglich Gymnasiallehrer war und später ein Aufbaustudium zum Sonderschullehrer absolvierte. „Im Lauf der Jahre kamen immer mehr externe Schüler zu uns.“ Heute leben drei Viertel der 60 Schülerinnen und Schüler zu Hause bei ihren Eltern – in der 2001 errichteten Außenstelle Calw betrifft das alle 80 Mädchen und Jungen.

Die Persönlichkeitsentwicklung wird besonders gefördert

Die Kinder und Jugendlichen profitieren von einem Schulkonzept, das die Zusammensetzung der Klassen neu geordnet hat. Auf die Eingangsstufe folgen in der Mittelstufe die sogenannten bunten Klassen. Je nach ihrem „emotionalen Alter“ besuchen die Kinder die rote, grüne oder blaue Klasse, erläutert Lutz. Jedes Kind erhalte einen eigenen, auf seine Bedürfnisse angepassten Wochenplan. „Dabei werden nicht nur Lernrückstände aufgearbeitet, sondern vor allem auch die Persönlichkeitsentwicklung und sozialen Kompetenzen gefördert.“ Für Jugendliche mit besonderem Förderbedarf haben Lutz und sein Team eine spezielle Werkstattklasse eingerichtet, die Wert auf handwerkliches Arbeiten und Betriebspraktika legt.

Auch der Ludwig-Haap-Schule fehlen Lehrkräfte

Sein gesamtes Berufsleben hat Jochim Lutz sozial und emotional benachteiligten Kindern und Jugendlichen gewidmet. „Ich habe es immer gerne getan“, sagt er rückblickend.
Die Herausforderung ist, der Ludwig-Haap-Schule fehlen Lehrkräfte und eine Schulleitung – ein bundesweit bekanntes Phänomen, das alle Schularten betrifft. „Wir suchen seit zwei Jahren vergeblich einen Nachfolger für die Schulleitung“, bedauert Lutz. Nun gibt es mit dem bisherigen Konrektor Christoph Henninger eine Interimslösung. Seinem Nachfolger hinterlässt Lutz eine attraktive Schule, die in der Region gut vernetzt ist.