Dirk Steurer kommt mit dem Verteilen von Süßigkeiten für richtige Antworten kaum noch hinterher. „Super gut, Ihr seid voll die Spezialisten“, lobt der Sozialpädagoge, Anti-Gewalt-Trainer und Referent. Rund 20 Jugendliche aus Wohngruppen der Oberlin-Jugendhilfe nehmen zusammen mit ihren Betreuerinnen und Betreuern am Themenabend der Oberlin-Jugendhilfe in Reutlingen teil. Es geht um Cybermobbing. Dabei werden über das Internet oder das Mobiltelefon über einen längeren Zeitraum hinweg und aus einer Gruppe heraus immer wieder Angriffe gegen eine Person gestartet. Ziel der Veranstaltung, der in den kommenden Monaten weitere folgen sollen, sei die Förderung der Medienkompetenz der Jugendlichen sowie ihrer Betreuerinnen und Betreuer, erklärt Peter Hettler, Mitarbeiter der Oberlin-Jugendhilfe.

Ziel: Kommunikationsprozess in Gang setzen

Die Mädchen und Jungen aus den Wohngruppen wissen sehr genau, was unter Cybermobbing zu verstehen ist: Es wird beleidigt, gedroht, ausgegrenzt und verleumdet. Laut Peter Hettler soll der Themenabend einen Kommunikationsprozess in Gang setzen, der es den Jugendlichen einfacher mache, bei Bedarf um Hilfe zu bitten. „Die Jugendlichen tun sich oft sehr schwer, über Cybermobbing zu sprechen“, bestätigt seine Kollegin Monika Bortolotti. Sie ist sich sicher, dass die Jugendlichen nach der Veranstaltung weiterdiskutieren, denn da komme ganz viel hoch. „Cybermobbing ist ein großes Thema in der Wohngruppe. Fast alle Jugendlichen haben selbst Erfahrung mit Cybermobbing oder kennen jemanden, der damit Erfahrungen gemacht hat.“

Sich anderen Menschen anvertrauen

Referent Dirk Steurer projiziert die Logos der gängigen sozialen Netzwerke auf eine Leinwand: Instagram, WhatsApp, Twitter, Facebook, Snapchat. Fast alle Jugendlichen im Raum nutzen diese Apps. Sie sind damit überall und rund um die Uhr erreichbar. Steurer zählt einige Aspekte auf, die Cybermobbing so perfide machen: „Mobbing findet vom eigenen Sofa aus statt – gefühlt ist der Täter absolut sicher, keiner kommt und sagt: Stopp, das ist nicht in Ordnung.“ Die Inhalte, so der Medienexperte weiter, können sich rasend schnell übers Netz verbreiten. Und das Opfer? Dem gehe es schlecht, auch wenn es keine sichtbaren Verletzungen davontrage. Eindringlich mahnt Steurer die jungen Leute: „Redet mit Freunden darüber, sprecht mit Leuten, denen ihr vertraut, holt euch die Unterstützung, die ihr braucht.“ Niemand habe das Recht, anderen zu schaden.

In den kommenden Monaten plant die Oberlin-Jugendhilfe die Medienkompetenz der Jugendlichen aus den Wohngruppen und ihrer Betreuungskräfte mit weiteren Veranstaltungen zu stärken. Dann soll es um Verschwörungsmythen, Hatespeech und Influencer gehen.