Psychisch Erkrankte im häuslichem Umfeld psychiatrisch und psychotherapeutisch behandeln – das verbirgt sich hinter dem Begriff der Stationsäquivalenten psychiatrischen Behandlung, kurz StäB. StäB entspricht einer stationären Behandlung im Krankenhaus, nur zu Hause. Wo Kliniken diese Behandlungsform anbieten, kommt das bei Patientinnen und Patienten gut an. Dass etwa die junge Patientin Maria daheim behandelt wurde und nicht in die Klinik musste, begeisterte sie. „Das habt ihr gut gemacht“, lobte sie das mobile StäB-Behandlungsteam. Ihr Statement war am 4. Mai 2021 wie ein Motto für die Südwestdeutsche StäB-Tagung.

Veranstalter haben mehrjährige Erfahrung mit der Behandlungsform

Die Veranstalter, Expertinnen und Experten des Zentrums für Psychiatrie Südwürttemberg (ZfP) sowie der Klinik für Psychiatrie und Psychosomatik Reutlingen (PP.rt), einer gemeinsamen Tochter von ZfP und BruderhausDiakonie, können auf mehrjährige Erfahrungen mit StäB zurückblicken. Sie informierten unter anderem über die Ergebnisse von Patientenbefragungen, über die Zusammensetzung der StäB-Teams und über das bundesweite StäB-Angebot. Professor Gerhard Längle, Regionaldirektor Alb-Neckar des ZfP und Geschäftsführer der PP.rt, nannte die Zahl von rund 1500 Patientinnen und Patienten aus der Erwachsenenpsychiatrie seiner Kliniken, die bisher stationsäquivalent in der häuslichen Umgebung behandelt worden sind.

Fachkräfte der Kinder- und Jugendpsychiatrie kommen nach Hause

Von durchweg guten Erfahrungen mit StäB in der Kinder- und Jugendpsychiatrie berichtete Professorin Isabel Böge vom ZfP Weissenau. Ihre Klinik bietet StäB für 5- bis 16-Jährige und für 17- bis 21-Jährige in der Adoleszenz an. In beiden Gruppen seien sowohl die Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen wie auch die Eltern sehr zufrieden mit der meist vier- bis sechswöchigen Behandlung. 90 Prozent der Familien nutzten im Anschluss das Angebot zur Nachsorge. Während der Behandlung kommen die Fachkräfte der Kinder- und Jugendpsychiatrie täglich, auch am Wochenende, zu den jungen Patientinnen und Patienten nach Hause. Ein Teil der Therapie findet in der Klinik statt.

StäB bringt auch älteren Patientinnen und Patienten Vorteile  

Auch für ältere Personen, insbesondere Menschen mit Demenz, eigne sich StäB, erläuterten Dr. Stefan Spannhorst und Tanja Szabo vom Klinikum Stuttgart. Das gerontopsychiatrische StäB-Team behandle Patientinnen und Patienten in deren eigener Wohnung oder auch im Pflegeheim, wo Angehörige und Pflegekräfte in die Behandlung einbezogen werden könnten. Für viele Ältere seien die Rahmenbedingungen und Abläufe in einem Klinikbetrieb nicht geeignet. „Die StäB ist die schonendere Behandlungsweise“, so Spannhorst. „Eine Depressionsbehandlung läuft zu Hause oft besser als in einer Klinik.“ Eine Besonderheit der StäB in einem Pflegeheim sei, berichtete Tanja Szabo, dass „die Grundpflege und Grundversorgung gewährleistet ist“. Das schaffe für die Patientinnen und Patienten „ein sicheres Umfeld“.

In der Suchtmedizin kann StäB ebenfalls erfolgreich sein

Der Suchtmediziner Dr. Jamil El Kasmi von der PP.rt hat die Erfahrung gemacht, dass StäB auch in der Suchtmedizin sehr erfolgreich sein kann. „Es ist nicht das Nonplusultra, aber eine Erweiterung der Therapiemöglichkeiten“, sagte er. Anders als in der Klinik lasse sich beispielsweise die Eigenverantwortung der Patientinnen und Patienten stärken und ihr Lebensumfeld gemeinsam mit ihnen verändern. Notwendige Veränderungen im Alltag müssten nicht auf die Zeit nach einem Klinikaufenthalt verschoben, sondern können direkt in der Therapie eingeleitet werden, etwa durch das Trainieren alltagspraktischer Fähigkeiten. Zudem sei es mit StäB viel besser möglich, die Sucht-Stimuli im Alltag der Patientinnen und Patienten zu bearbeiten.

In acht Workshops mit den Experten hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der virtuellen Tagung Gelegenheit, die in den Fachvorträgen angesprochenen verschiedenen Aspekte der Stationsäquivalenten psychiatrischen Behandlung zu vertiefen.