Barbara Maier und Christoph Bossack sind, was die Jugendhilfe anbetrifft, mit allen Wassern gewaschen. Sie haben, wie Maier es ausdrückt, „gemeinsam schon manches Fettnäpfchen ausgetreten“. Beide arbeiten seit vielen Jahren bei der Oberlin-Jugendhilfe der BruderhausDiakonie. Sie kennen sich aus mit den Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe – und sie kennen vor allem ihre Klientinnen und Klienten: Kinder, Jugendliche und ihre Familien in und um Bad Urach und Metzingen. Und sie kennen Ansprechpartner im Jugendamt und im Sozialamt, bei der Arbeitsagentur, in den Schulen und Kitas, bei der diakonischen Bezirksstelle und in den Kirchengemeinden. Die 56-jährige Sozialarbeiterin und der 57-jährige Sozialarbeiter sind Kollegen im Team der Oberlin-Jugendhilfe in Metzingen und unterstützen dort im Rahmen der Familienhilfe Kinder, Jugendliche und deren Familien. Beste Voraussetzungen für ihre neue Aufgabe, findet Alexander Zügel, der für das Ermstal zuständige Bereichsleiter der Oberlin-Jugendhilfe.

Sozialraum-Team Bad Urach unterstützt Menschen mit Beratung und Vermittlung von Hilfsangeboten

Seit Juni nämlich sind Barbara Maier und Christoph Bossack Teil des in Bad Urach neu eingerichteten Sozialraum-Teams. In diesem Team arbeiten die Stadt und der Allgemeine Soziale Dienst des Jugendamts eng mit der Oberlin-Jugendhilfe zusammen. Ziel ist, in Bad Urach ein Angebot zu schaffen für alle Bürgerinnen und Bürger, über das diese unkompliziert Beratung und Unterstützung finden. „Beratung und Unterstützung vor Ort ist der Auftrag“, erläutert Bereichsleiter Zügel. Denn viele Menschen, die in Schwierigkeiten stecken, schrecken davor zurück, sich Hilfe direkt bei der zuständigen Stelle zu holen. Etwa weil sie fürchten, das Jugendamt, die Schuldnerberatung oder das Sozialamt regiere ihnen zu sehr in ihre persönliche Lebensführung hinein. Oder weil sie schlichtweg nicht wissen, dass es Unterstützungsmöglichkeiten für ihr spezielles Problem gibt. Hier zu vermitteln, zu schauen, was akut benötigt wird, und dann bei Bedarf an die richtige Stelle weiterzuleiten, ist eine der wesentlichen Aufgaben des Sozialraum-Teams.

Mit präventiver und frühzeitiger Unterstützung Eskalation vermeiden

„Es geht uns darum, die Hemmungen zum Beispiel gegenüber der Institution Jugendamt ein bisschen zu nehmen“, sagt Barbara Maier. Letztlich wolle man bereits im Vorfeld von Jugendhilfemaßnahmen unterstützen, „damit Probleme in einer Familie nicht so eskalieren, dass eine umfangreiche, langandauernde Hilfe oder gar eine stationäre Unterbringung nötig wird“. Möglichst früh ansetzen, möglichst wenig eingreifen müssen, möglichst vorbeugend wirken – das ist die Leitschnur, nach der das Team handelt. Dabei helfe den Sozialarbeitern ihr gut funktionierendes Netzwerk in der Stadt, ergänzt Christoph Bossack: In der Tagesgruppe für Kinder und Jugendliche arbeiten Kolleginnen und Kollegen von der Oberlin-Jugendhilfe, ebenso im Jugendhaus oder in der Schulsozialarbeit. Auch zu anderen Helfern wie den Frühen Hilfen, der Schuldnerberatung oder der diakonischen Bezirksstelle und ihren Angeboten pflegen sie schon lange enge Kontakte.

Mit offener Sprechstunde Kontakte knüpfen und Netzwerke aufbauen

Noch steht das Sozialraum-Team am Anfang seiner Arbeit: Die vielen bestehenden Kontakte festigen, neue knüpfen, mit Familien, Kindern, Jugendlichen ins Gespräch kommen und ihren Bedarf klären, steht zunächst auf der Agenda. Einmal wöchentlich hält das Team eine offene Sprechstunde ab. „Da kann jeder mit seinem Anliegen kommen – ob er Hilfe beim Ausfüllen eines Antrags benötigt, ob er Beratung wegen familiärer Probleme braucht“, sagt Chris Bossack. Denn um Niederschwelligkeit, leichte Zugänglichkeit von Hilfe und Beratung geht es dem Team. Bad Urachs Kernstadt habe einen hohen Migrantenanteil – oft Menschen, die in teilweise sehr prekären Wohnverhältnissen leben. Es gebe Armut, Kriminalität, auch häusliche Gewalt. „Die soziale Teilhabe ist teilweise massiv eingeschränkt“, beschreibt Alexander Zügel die Situation. So nähmen etwa am Elternabend der Schule zwei „gut bürgerliche Eltern“ teil, die übrigen 28 Eltern „sind einfach nicht da“. Diese Menschen ins Boot zu holen und ihnen zu zeigen, dass auch sie Mitwirkungsmöglichkeiten haben, sei ein zentraler Aspekt der Sozialraumarbeit in Bad Urach. Halb scherzhaft bringt es Barbara Maier auf den Punkt: „Es geht uns eigentlich um das Leben insgesamt.“