„Ich freue mich jeden Morgen hierher zu kommen“, sagt Marie Wurster. Im September 2023 hat sie ihr Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) auf dem Reutlinger Biolandhof Gaisbühl begonnen. Mit Karolina Lange teilt sie sich die Arbeit im Gemüseanbau und im Hofladen. „Den ganzen Weg vom Samenkorn bis zum Verkauf zu verfolgen“, begeistert sie. Ebenso die Vielfalt ihrer Aufgaben beim  Anbau und Verkauf, die je nach Jahreszeit wechseln. Bei der landwirtschaftlichen Handarbeit hat sie entdeckt, welch „schönes Gefühl es ist, in die Erde zu fassen“.

Leidenschaft für Ökologie entdeckt

Ihre Motivation, ein Freiwilligenjahr zwischen Schule und Beruf einzuschieben, war zunächst die soziale Komponente. Auf dem Gaisbühl hat sie ihre Leidenschaft für die Ökologie entdeckt. Nach dem FÖJ will sie sich jetzt auch beruflich anders als gedacht orientieren: Landschaftsbau oder Landwirtschaft stehen derzeit ganz oben auf der Favoritenliste.

Die beiden FÖJlerinnen führten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der FÖJ-Einsatzstellenkonferenz am 15. Februar 2024 über den Biolandhof. Gastgeberin der 13. Einsatzstellenkonferenz war die BruderhausDiakonie. Die Diakonie Württemberg hatte die Ansprechpartner für FÖJ-Stellen in Sozialbetrieben, Unternehmen, Behörden, Instituten und Vereinen sowie im Kulturbetrieb zu dem Treffen eingeladen. Ziel war ein Erfahrungsaustausch.

Steht im Schatten des Sozialen Jahres

Das FÖJ, 1993 in Deutschland eingeführt, steht noch immer im Schatten des Freiwilligen Sozialen Jahrs (FSJ), das es seit 1964 gibt. Wie das ökologische Jahr bekannter gemacht werden kann, darüber machen sich auch die derzeitigen FÖJ-Sprecher Gedanken. Sie stellten bei der Konferenz ihre Arbeitskreise vor, in denen sie politisch Stellung beziehen oder Einsatzstellen übergreifende Treffen organisieren.

Barbara Unruh, Referentin Freiwilliges Engagement im Diakonischen Werk Württemberg (DWW),  nannte den Erhalt der Artenvielfalt in der Natur und die Förderung von Diversität im Freiwilligen Dienst in einem Atemzug. „Wir brauchen anders denkende Menschen aus anderen Kulturen“, sagte sie. 

Bund hat Kürzungen zurückgenommen

Michael Ott, Abteilungsleitung Freiwilliges Engagement DWW, berichtete von mehr Anfragen aus dem Ausland für den freiwilligen Dienst, während das Interesse der „Locals“ nachlasse. „Das gleicht sich in etwa aus.“ Er zeigte sich erleichtert, dass der Bund die im Haushalt 2024 angekündigten Kürzungen bei den freiwilligen Diensten Ende Januar zurückgenommen hatte. Den im Koalitionsvertrag der Ampelregierung festgeschriebenen Ausbau der freiwilligen Dienste sieht er jedoch wegen fehlender finanzieller Mittel in Gefahr. Im Sinne der Diakonie sagte er: „Da hilft nur Gottvertrauen. Wir machen Freiwilligendienste auch, wenn die Finanzierung noch nicht gesichert ist.“

Lena Handel, beim Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg für das FÖJ zuständig, berichtete, dass Baden-Württemberg die FÖJ-Plätze im Land von derzeit 476 bis 2025/26 auf 550 anheben will. Mit Plakaten an Schulen und einem Imagefilm auf der Ministerium-Homepage soll für das „zu wenig bekannte FÖJ“ geworben werden, sagte sie. Freie Stellen sind auf den Job-Portalen www.greenjobs.de und www.oekojobs.de zu finden.

Foto im Detail:
Stephan Gehrlein vom Diakonischen Werk Württemberg (Zweiter von links) und Marie Wurster (Vierte von links) führen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der FÖJ-Einsatzstellenkonferenz über den Biolandhof auf dem Gaisbühl.