Im neuen Seniorenzentrum in Altbach hat jede der vier Hausgemeinschaften eine eigene Farbe, die auch bei der Namensgebung Pate stand: „Zitronenhain“, „Kornblume“, „Kleeblatt“ und „Kirschblüte“. Mitte Februar 2021 sind die ersten 32 Bewohnerinnen und Bewohner in den Neubau am Rand der 6000-Einwohner-Gemeinde im Landkreis Esslingen eingezogen; 28 weitere Seniorinnen und Senioren sollen im Laufe der Zeit hinzukommen. Für Bürgermeister Martin Funk war es selbstverständlich, die Neuankömmlinge persönlich zu begrüßen. „Das neue Seniorenzentrum soll kein Fremdkörper, sondern ein Teil unserer Gemeinde sein“, sagt er.

Soziale Integration von Anfang an fördern

Um dies zu erreichen, haben die Kommune und die BruderhausDiakonie als Träger schon von Anfang an eng zusammengearbeitet, berichtet Ute Schwarzkopf-Binder, Leitung BruderhausDiakonie Region Stuttgart. Ihr Kollege Markus Bartl, Leiter des Fachbereichs Altenhilfe Region Stuttgart, erklärt: „Ein Träger kann zwar ein gutes Pflegeheim abliefern, aber die Einbindung in die Gemeinde funktioniert nur mit Hilfe der Kommune.“ So nahm die BruderhausDiakonie schon zu Beginn der Planungen an Gemeinderatssitzungen teil und war vor zwei Jahren auch beim Dorffest in Altbach mit einem eigenen Stand vertreten. Bei der Grundsteinlegung im Juli 2019 übernahm die Gemeinde die Bewirtung, musikalisch begleitet vom örtlichen Posaunenchor.

Ehrenamtliche Helfer unterstützen im Alltag und bauen eine Brücke zum sozialen Leben vor Ort

Sobald es die Pandemie erlaubt, soll ein Einweihungsfest stattfinden, wie Bürgermeister Funk mitteilt, „um das Haus ins Bewusstsein der Altbacher zu bringen“. Das 37-jährige Gemeindeoberhaupt und die Leiterin des Pflegeheims, Skadi Zimborski, wollen die Altbacher zudem motivieren, sich im Seniorenzentrum als ehrenamtliche Helfer zu engagieren. „Sie könnten etwa beim Mittagstisch und auch bei der Cafeteria mithelfen; beides wollen wir in unserem Gemeinschaftsraum anbieten. Oder mit unseren Bewohnerinnen und Bewohnern nähen, spaziergehen, sie auch mal zum Arzt begleiten“, sagt Skadi Zimborski. Sie hält es für essenziell, sich als Pflegeeinrichtung zur Gemeinde hin zu öffnen. „Das wirkt sich belebend auf den Alltag der Klienten aus“, weiß die 43-Jährige. Im Gegenzug könnten die Altbacher Berührungsängste überwinden, „weil sie selbst erleben können, dass unsere Bewohner hier ein gutes Leben führen“.

Ein Bürgertreff als Ort der Begegnung

Dass eine engmaschige Verzahnung mit dem Ortsleben Voraussetzung dafür ist, dass ein Pflegeangebot selbstverständlicher Teil der Gemeinde wird, zeigt auch das Beispiel der Seniorenwohngemeinschaft „Im Adler“ in der Gemeinde Hohenstein-Bernloch im Landkreis Reutlingen. Die Senioren-WG ist Bestandteil einer Seniorenwohnanlage im Dorfzentrum. Acht Apartments gruppieren sich im Erdgeschoss um einen Gemeinschaftsraum und eine Küche. Alltagsbegleiterinnen und Betreuungsassistenten der BruderhausDiakonie Mobil unterstützen die Bewohnerinnen und Bewohner rund um die Uhr. Die ambulant betreute WG ermöglicht ihren Mitgliedern ein hohes Maß an Selbstständigkeit und Selbstbestimmung.

Teilhabe an der Gesellschaft ermöglichen

Gleichzeitig ist gesellschaftliche Teilhabe eine wichtige Säule des Konzepts. Als zentrales Bindeglied zwischen Senioren-WG und Kommune erweist sich der Bürgertreff, den die Gemeinde direkt neben der Wohnanlage eingerichtet hat. „Bernlocher Bürgerinnen und Bürger richten hier als Ehrenamtliche regelmäßig einen Mittagstisch und einen Kaffee-Nachmittag aus“, sagt Sarah Arnold, die Leiterin der Einrichtung. Auch als Wahl-Lokal sowie für vielfältige Veranstaltungen werde der Bürgertreff genutzt, ergänzt Bürgermeister Jochen Zeller: „So können die Menschen im Ort mit dem Haus vertraut werden, gleichzeitig eröffnet es den Bewohnern eine Vielzahl an Begegnungsmöglichkeiten.“ Aber auch jenseits des Bürgertreffs standen die Zeichen in Bernloch von Anfang an auf Kooperation. Im Mai 2018 eröffnet, sei es zunächst schwierig gewesen, die WG zu belegen, berichtet Sarah Arnold. Die Gemeinde Hohenstein habe mitgeholfen, die Vorzüge des neuen Angebots aufzuzeigen. „Jetzt habe ich eine Warteliste“, sagt Arnold.

Partner im Gesundheitszentrum Schwäbische Alb

Als die Idee entstanden sei, in dem 900-Einwohner-Ort eine Senioren-WG einzurichten, so Bürgermeister Zeller, habe man in der BruderhausDiakonie mit ihren Erfahrungen in der Altenhilfe und ihren Kenntnissen im Bereich der Quartiersarbeit einen sehr guten Partner gefunden. „Für uns war wichtig, dass der Träger bereit ist, sich mit den Themen, die die Kommune beschäftigt, auseinanderzusetzen und mit uns Lösungen zu erarbeiten.“ So ist die BruderhausDiakonie auch beim sogenannten PORT Gesundheitszentrum Schwäbische Alb Hohenstein einer der Partner – ein interdisziplinäres Angebot zur gesundheitlichen Versorgung, das, von der Robert-Bosch-Stiftung entwickelt und gefördert, von der Gemeinde gemeinsam mit dem Landkreis und den Praxis-Partnern umgesetzt wird. Von diesem Flechtwerk profitieren die WG-Bewohnerinnen und -Bewohner, zu denen seit etwa einem Jahr auch Elfriede Mayer zählt. Anfangs sei sie dieser Wohnform skeptisch gegenübergestanden, meint die 82-Jährige, inzwischen sei sie „rundum glücklich und zufrieden“. Sie schätze die Möglichkeiten, sich einzubringen, vor allem beim Kochen. Mit ihren traditionellen schwäbischen Rezepten wie etwa Saure Kartoffelrädle bereichert Elfriede Mayer den Speiseplan.

Autorin: Ulla Hanselmann