„Wo ist Herr Amadou?“, fragen die Bewohnerinnen und Bewohner des Seniorenzentrums Herzog Christoph der BruderhausDiakonie in Bad Urach. Wenn er ein paar Tage frei hat, vermissen ihn viele, wollen mit ihm lachen oder von ihm zu Bett gebracht werden. Der 25-jährige aus Guinea macht eine Ausbildung zum Altenpflegehelfer. Anlässlich des internationalen Tags der Pflege am 12. Mai stellen wir seinen Werdegang vor und berichten über seine Ausbildung und Arbeit.

2015 aus Guinea geflüchtet

„Mein Vater hat immer gesagt, du kannst noch so viel wissen – erst, wenn du weißt, was du willst, kannst du etwas richtig gut machen“, erzählt Amadou Bah. Er ist 2015 von Guinea über Frankreich nach Deutschland geflüchtet. Und er weiß, was er will: Altenpfleger werden. Aber er weiß auch, dass man eine Treppe nicht auf einmal nimmt, sondern Stufe für Stufe. Er lebte zunächst in Bad Urach, dann in Reutlingen in einer Wohngruppe der BruderhausDiakonie und ging zur Schule, um Deutsch zu lernen. Bei diversen Praktika lernte er, dass die deutsche Sprache das A und O ist, wenn man einen Job machen möchte, bei dem Kommunikation mit Menschen eine Rolle spielt.

Schule und Sprache sind große Hürden

„Die Arbeit mit alten Menschen ist für mich nicht schwer, ich liebe sie“, sagt er. Aber die Schule und die Sprache sind die großen Hürden. Deshalb entschloss sich Amadou Bah, zunächst eine Ausbildung in der Hauswirtschaft zu machen. Er bewarb sich beim Seniorenzentrum Herzog Christoph in Bad Urach und machte dort seine hauswirtschaftliche Ausbildung. Eine vorsichtige Annäherung an seinen „Traumjob“, denn im Service und in der Hausreinigung hatte er viel mit den Bewohnern des Hauses zu tun, die Amadou in ihr Herz schlossen. Nach drei Jahren endete seine Ausbildung in der Reutlinger Wilhelm-Maybach-Schule und Amadou Bah fühlte sich sprachlich kompetent genug, um in der Altenpflege zu arbeiten –zunächst als angelernte Pflegekraft. Im Frühjahr will er die Ausbildung zum Altenpflegehelfer in Angriff nehmen.

Eine dreijährige Ausbildung draufsatteln

„Wir raten Menschen mit Migrationshintergrund, zunächst mit dieser zweijährigen Ausbildung anzufangen“, sagt die Haus- und Pflegedienstleiterin des Seniorenzentrums, Susanne Aeckerle. Wer sich fit genug fühle, könne danach die dreijährige Ausbildung zum Pflegefachmann draufsatteln. Um den Schulplatz müssten sich Bewerberinnen und Bewerber aber selbst kümmern. Aeckerle kennt Amadou Bah seit vier Jahren als „wertvollen Mitarbeiter mit viel Herzenswärme“ und traut ihm zu, dass er dieser Anforderung inzwischen voll gewachsen ist.

Alten Menschen beim Aufstehen helfen, beim Waschen und Anziehen, ihnen beim Essen assistieren, mit ihnen diskutieren und spielen, sie bettfertig machen: Seit zwei Jahren arbeitet Bah nun schon im Seniorenzentrum in Bad Urach und ist absolut begeistert. „Amadou Bah versteht alle Aufgaben gut und kann alles sofort umsetzen“, lobt Susanne Aeckerle den jungen Mann, dem sie inzwischen einen unbefristeten Arbeitsvertrag anbieten konnte. „Ich fühle mich wie zu Hause“, sagt dieser, „richtig gut.“ Die Bewohner mögen Bah, der nie ungeduldig wird, gute Laune verbreitet, sich Zeit für ein Gespräch nimmt und immer einen Witz auf Lager hat.

"Jeder einzelne zählt als Mensch"

Ein Bewohner habe sich ein Zimmer mit Balkon gewünscht, schildert Bah. Als der alte Mann erfuhr, dass er dafür Wohngruppe wechseln müsse, entschied er sich dagegen. Denn er hing an seiner gewohnten Umgebung und wollte weder seinen Pfleger Amadou noch das eingespielte Team verlieren. Lieber verzichtete er auf den Balkon.

Wichtig sei das gegenseitige Vertrauen und Zutrauen, sagt Bah. Vonseiten der Seniorinnen und Senioren, aber auch vonseiten der Kolleginnen, Kollegen und Vorgesetzten. Man behandle sich gegenseitig mit Respekt, erzählt er. Wenn es trotzdem einmal vorkomme, dass es Besucher, die ihn nicht kennen, an der nötigen Wertschätzung fehlen lassen, habe er gelernt, das nicht persönlich zu nehmen. Im Herzog Christoph werde weder nach Hautfarbe noch nach Religion bewertet – jeder Einzelne zähle als Mensch. „Wir sind hier wie Freunde“, unterstreicht Bah.

Autorin: Marianne Mösle